Hoch geehrt und umstritten: Das israelische Drama „Foxtrot“

Arte strahlt das beim Filmfestival Venedig ausgezeichnete Werk über das israelische Militär aus. In Israel sieht man dessen Ansehen beschädigt.

Ein israelischer Soldat (Itay Exlroad) tanzt mit seinem Gewehr.
Ein israelischer Soldat (Itay Exlroad) tanzt mit seinem Gewehr.Giora Bejach/ARTE France/ZDF/Pola/Pandora/Spiro-Films/dpa

Tel Aviv- Michael Feldman hält die Hand im Waschbecken unter heißes Wasser. So lange, bis die Haut platzt. Der Handrücken leuchtet feuerrot. Doch alles kommt ihm besser vor, als den tiefen Schmerz über den Tod des Jungen zu ertragen. Feldmans Sohn ist bei seinem Militärdienst getötet worden. Wie und warum, erklärt ihm keiner.

„Unser herzliches Beileid, Herr Feldman“, hat der Soldat nur gesagt, als er ihm die Nachricht überbrachte – in der Wohnung mit moderner Kunst an den Wänden und dem Ausblick auf Wolkenkratzer. Michael Feldmans Frau Dafna bricht sofort zusammen, als sie die Soldaten an der Tür stehen sieht. Wenig später schläft sie mit Medikamenten ruhiggestellt im Bett. Schon der Anfang des israelischen Dramas „Foxtrot“ (am Mittwoch, 20.15 Uhr auf Arte) macht deutlich: Dieser Film setzt auf große Emotionen, Bilder wie Gemälde, Musik, die überrascht. Es geht um die Geschichte der Feldmans, die um den toten Jonathan trauern.

Der preisgekrönte Film löste 2017 allerdings auch eine politische Kontroverse aus. Die stark rechtsorientierte Kulturministerin Miri Regev sagte damals, „Foxtrot“ beschädige das Ansehen der israelischen Armee. Denn in einer Schlüsselszene kehrt das Militär die Tötung von vier jungen, arabisch aussehenden Menschen unter den Teppich. 

„Foxtrot“ erhielt beim Filmfestival von Venedig den Großen Preis der Jury und stand im Rennen um den Oscar für den besten ausländischen Film. Nach der Auszeichnung in Venedig sagte Regisseur Samuel Maoz: „Wenn ich den Ort kritisiere, an dem ich lebe, tue ich das, weil ich besorgt bin. Ich tue es, weil ich ihn beschützen will.“

Dabei zeigt Maoz, wie trist das Leben auf dem abgelegenen Militärstützpunkt ist, wie deprimierend die Kontrollen an den vorbeifahrenden arabischen Menschen sind. Die Überprüfungen wirken überflüssig, gewollt, triezend. Der Film bietet allerdings keine Einordnung in den jahrzehntelangen Nahost-Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Er erwähnt nicht die oft tödlichen Anschläge und Angriffe von Palästinensern auf Israelis.

Optisch und emotional jedoch nimmt Maoz die Zuschauer gefangen: Er zeigt das Geschehen manchmal in extremer Nahaufnahme. Als ein Soldat etwa Michael Feldmans (stark: Lior Ashkenazi) Verfassung kontrolliert, zeigt die Leinwand nur noch das Auge des Vaters, vor dem ein Finger von rechts nach links wandert. Oder die Kamera filmt von oben: Michael sitzt wieder allein auf einem Stuhl auf dem weiß und grau gekachelten Boden, neben sich ein Laptop, dessen Bildschirm bläulich leuchtet. Eine Aufnahme wie ein Kunstwerk.

Dabei zieht Maoz Symbolik konkreter Kritik vor. Der Container, in dem Jonathan und seine Kameraden leben, versinkt während ihres Dienstes langsam im Dreck. Jeden Tag ein bisschen mehr.

Foxtrot Mittwoch, 26. August, 20.15 Uhr auf Arte, danach in der Arte-Mediathek