Es ist fast ein halbes Jahrhundert her. Bei der Oscarverleihung 1973 sollte Marlon Brando als bester Hauptdarsteller für seine Rolle in „Der Pate“ geehrt werden. Doch statt seiner stieg eine junge Frau auf die Bühne, in traditioneller Apache-Kleidung, mit langen Zöpfen. Sie stellte sich als Sacheen Littlefeather vor und verkündete im Namen von Brando, dass dieser die Auszeichnung nicht annehmen könne – wegen „der heutigen Behandlung der amerikanischen Indianer durch die Filmindustrie“.
Neben Beifall waren auch Buhrufe und Proteste zu hören. Hinter der Bühne soll Western-Darsteller John Wayne getobt haben. Erst jetzt hat sich die Oscar-Academy bei Littlefeather entschuldigt. „Die Beleidigungen, die Sie wegen dieser Erklärung ertrugen, waren unangemessen und ungerechtfertigt“, heißt es in dem jetzt veröffentlichten Brief, der Littlefeather bereits am 18. Juni zuging. „Die emotionale Last, die Sie durchlebt haben, und die Kosten für Ihre eigene Karriere in unserer Branche sind nicht wiedergutzumachen. Dafür bitten wir inständig um Verzeihung und drücken unsere tiefe Bewunderung aus.“
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Sprecherin des Indianer-Stereotyps in Film und Fernsehen
Sacheen Littlefeather wurde 1946 als Marie Louise Cruz im kalifornischen Salinas geboren. Sie war Tochter eines indigenen Vaters, der unter anderem von den White Mountain Apache abstammte, und einer Mutter mit europäischen Vorfahren. Nach der Highschool nahm sie den Namen Sacheen Littlefeather an. Sie wurde Model und Schauspielerin und nahm 1969 als Aktivistin unter anderem an der Besetzung der Insel Alcatraz teil – aus Protest gegen die Vertreibung der amerikanischen Ureinwohner.

Marlon Brando bat sie, ihn bei den Oscars zu vertreten, auch um auf die laufenden Protestaktionen in Wounded Knee aufmerksam zu machen. Sie verstand sich selbst als „Sprecherin des Stereotyps der amerikanischen Ureinwohner in Film und Fernsehen“. In den Jahren nach ihrem Auftritt sei sie verhöhnt und diskriminiert worden, berichtete sie. Gleichwohl erlangte sie durch ihren Auftritt große Bekanntheit.
Boykott wegen mangelnder Vielfalt bei den Oscarnominierungen
Auf die späte Entschuldigung der Akademie reagierte Littlefeather mit Humor. Sie sagte: „Wir Indianer sind sehr geduldige Leute – es ist ja nur 50 Jahre her.“ Zugleich wird die Oscar-Academy noch immer kritisiert. Erst 2016 rief die Schauspielerin Jada Pinkett Smith zum Oscar-Boykott auf, weil ausschließlich weiße Schauspieler nominiert worden seien. Sie sagte, Sacheen Littlefeather habe sie inspiriert.