Berlin-Die Schriftstellerin Jagoda Marinić, bekannt durch den Roman „Restaurant Dalmatia“ und das Debattenbuch „Sheroes – Neue Held*innen braucht das Land“, trifft in dieser Woche auf den Grünen-Politiker Robert Habeck, der ein neues Buch geschrieben hat. Im Stream des Literaturhauses Berlin moderiert sie seine Buchpremiere. Jagoda Marinić, was erwarten Sie von Robert Habeck, wenn er „Von hier an anders“ fordert?
Jagoda Marinić: Habeck steigt selbst mit einer persönlichen Geschichte in das politische Buch ein. Er geht davon aus, dass wir in einer Phase stecken, die man als das Ende der Normalität beschreiben kann, da es zu wenige Gewissheiten gibt, zu wenig, worüber man sich gesellschaftlich eins ist. So, wie er schreibt, erkennt man, dass er sich nicht nur mit Politik, sondern auch mit Sprache beschäftigt. Insofern passt das Gespräch mit ihm gut in ein Literaturhaus. Wobei in einem Literaturhaus ohnehin alle Genres und Themen Platz haben, finde ich.
Interessant finde ich, dass er seinem Buch ein Motto aus einem U2-Song vorangestellt hat: „It’s hard to listen while you preach“. Gerade die Grünen werden ja oft angegangen dafür, zu predigen. An dem Anspruch, zuzuhören, muss er sich natürlich messen lassen, als jemand, der mit seinen Ansichten überzeugen will. „Von hier an anders“, sagt er, aber lassen sich die radikalen Ziele der Grünen zur Veränderung der Gesellschaft in politische Realität verwandeln? Oder ist das nur eine behauptete Radikalität – und gerade beim Klima kritisieren ja auch Jüngere: Das ist vielleicht lange nicht radikal genug. Ich werde mit ihm auch darüber sprechen, ob er denkt, er könnte die Macht verändern und in welchem Maße nicht eher Macht den Menschen verändert, der sie anstrebt. Welche Position wird Habeck einnehmen, wenn es um die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl geht? Würde er Annalena Baerbock den Vortritt lassen, weil das ja „anders“ wäre, ein Mann, der nicht den Machtanspruch erhebt?
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Ich bin gespannt auf die Begegnung, weil mir viele seiner Themen vertraut sind, aber ich nicht immer dieselbe Position vertrete wie er. Das haben wir gemerkt, als wir uns zum Gespräch über mein Buch „Sheroes“ auf einer Bühne trafen. Sie wissen ja, ich möchte, dass Frauen mehr gehört werden, und dass Deutschland sich seiner Realität als Einwanderungsland stellt. Aber anders als Robert Habeck bin ich nicht Teil der organisierten Politik, in keiner Bewegung, gehöre keinem Verein an, dieses Spannungsfeld finde ich interessant. Ich gestatte mir eine kritische Neugier und werde fragen, ob es denn so erstrebenswert ist, eine „neue Normalität“ zu erreichen, in der wieder nicht so viel gestritten werden muss. Von einer homogenen Gesellschaft kann ich nicht träumen.
Robert Habeck und Jagoda Marinić im kostenlosen Videostream: Mi, 10.2., 19 Uhr literaturhaus-berlin.de