Berlin-Erst im September jährt sich der Todestag von Jimi Hendrix zum fünfzigsten Mal. Ich habe indes den 75. Geburtstag seiner Mitlegende Eric Clapton zum Anlass genommen, noch einmal die erste Dokumentation über Hendrix nach dessen Tod, vom wichtigen Produzenten Joe Boyd, anzuschauen. Im Gegensatz zur jüngeren (und gründlicheren) „Hear My Train A Coming“ ist sie problemlos streambar.

Der Film löst unter anderem die Frage, ob Clapton oder Hendrix der bessere Gitarrist sei: Sie ist nicht nur uninteressant, sondern falsch, wie ein frühes Hendrix-Interview im Film belegt. Gerade hat man Ausschnitte gesehen, in denen Hendrix auf der Festivalbühne von Monterey erst mit dem Verstärkerturm kopuliert und dann die Gitarre verbrennt. Auf die Frage, ob das nicht einfach Gimmicks seien, meint er ironisch: „Ah, die Gimmickfrage! Ist zur Zeit nicht die ganze Welt ein Gimmick? Der Krieg? Die Napalmbomben? Die brennenden Menschen im TV? Benutzen wir Gimmicks? Auf jeden Fall.“
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Clapton ist Gitarrist, Hendrix auch Performer, und hier sieht man, wie über die Jahre Auftreten und auch der quasi-performative Sound an Sicherheit und Charisma gewinnen, einmal schneidet der Film schön plakativ vom schwarz-weißen deutschen Beatclub 1967 zu einem Konzert 1970.
Der Film lässt einige noch immer bezauberte Frauen, darunter interessanterweise die Second-Wave-Feministin Germaine Greer, zu Wort kommen, Hendrix’ Vater, Kumpels und den Major von Hendrix’ Armyband; dazu Kollegen wie den ernsthaft ehrfürchtigen Pete Townsend, die coolen Lou Reed und Mick Jagger, und den hysterischen Little Richard: „Er hatte keine Angst freaky zu sein – genau wie ich!“ Einige Interviewte wirken heiter bedröhnt.
Schwarzer Künstler im weißen Rock
Eric Clapton erzählt bewundernd vom ersten Konzerteindruck, wobei man feststellt, dass er und Hendrix jenseits der Bühne fast gleichermaßen vorsichtig und zurückhaltend scheinen.
Eine wirklich dichte Erzählung wird daraus nicht. Aber zwischen den tollen Livebildern und ganzen sacht bedröhnten Hippies, Homies und Rockern entsteht plastisch das Bild eines Künstlers, der künstlerisch entschlossen, vom Ruhm recht unbeeindruckt, von den Ansprüchen der Firmen und Fans überfordert war. Und der Film weist für die Zeit etwas überraschend darauf hin, dass sich Hendrix seiner verspiegelten Position als schwarzer Künstler im weißen Rock auch politisch bewusst schien.
Nicht zuletzt jedoch fällt die Heinz Sielmann-hafte Seriosität aller Beteiligten auf, gerade auch im Unterschied zum permanent aufgeregten Gestus unserer Zeit.
(A Film About) Jimi Hendrix Regie: Joe Boyd, John Head, Gary Weis. USA 1973, 98 Min