Super lustig und tieftraurig: „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“

Kindheit in der Psychiatrie: Die Joachim-Meyerhoff-Verfilmung von Sonja Heiss ist ein erster Höhepunkt der Berlinale.

Arsseni Bultmann und Laura Tonke als Josse und seine Mutter in „Wann wird es wieder so sein, wie es nie war“. Sie tanzen zu „Felicitià“ von Al Bano und Romina Power.
Arsseni Bultmann und Laura Tonke als Josse und seine Mutter in „Wann wird es wieder so sein, wie es nie war“. Sie tanzen zu „Felicitià“ von Al Bano und Romina Power.Frederic Batier/Komplizenfilm

Joachim Meyerhoff hat Geschichten von seinem Aufwachsen auf dem Gelände einer Psychiatrischen Klinik, seinem Schulaustauschjahr in den USA und seinem Schauspielerwerden zunächst auf der Bühne erzählt. „Alle Toten fliegen hoch“ heißt die Reihe. Das war erfolgreich am Burgtheater in Wien, ausverkauft beim Theatertreffen in Berlin. Dann verwandelte er sie in Bücher – großartige Coming-of-Age-Romane voll überdrehtem Witz, plötzlicher Tragik und unglücklich ausbalancierten Familienverhältnissen. Und nun gibt es mit „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ einen Film, der alle Erwartungshürden so souverän wie vergnügt überspringt. Zur Eröffnung von Generation 14plus war das ein früher Berlinale-Höhepunkt, ab 23. Februar läuft er schon regulär im Kino.

Sonja Heiss, die sich mit „Hedi Schneider steckt fest“ als Expertin für kluge Komik empfohlen hat und selbst als Romanautorin („Rimini“) Stilsicherheit bewies, hat das Drehbuch gemeinsam mit dem literaturverfilmungserfahrenen Lars Hubrich („Tschick“, „Auerhaus“) geschrieben. Als Regisseurin führt sie ein Ensemble von Profis wie Laura Tonke und Devid Striesow, von jungen Darstellern (die Kinder) und Laien (die Psychiatriepatienten) zu einem mitreißenden Spiel. Leise, bedrückte Töne kennt dieser Film, er sprüht vor albernem Spaß, und er vermittelt tiefen Schmerz.

Die Mutter, gefangen wie der Wellensittich

Josse, aus dessen Perspektive erzählt wird, hat es als kleinster von drei Brüdern nicht leicht, er wird gehänselt und verlacht von ihnen – und gerät manchmal dermaßen in Wut, dass nur ein alter Haushaltstrick hilft. Camille Loup Moltzen spielt dieses Kind mit begeisterungswürdiger Intuition, einerseits verloren und andererseits gewitzt. Arsseni Bultmann übernimmt die Rolle für den Um-die-14-Jährigen, strahlt zugleich Reife und pubertäre Ungelenkheit aus. Unkompliziert verlaufen die Begegnungen mit den Klinikinsassen, unter Strom gerät der Junge im Kontakt mit den Brüdern.

Laura Tonke zeigt eine liebevolle, großzügige Mutter, die als Gattin eines Gottes in Weiß allerdings ebenso gefangen wirkt wie Josses Wellensittich. Der Klinikdirektor, gespielt von Devid Striesow, erwartet zu Hause dieselbe Bewunderung, die ihm auf den Klinikfluren entgegenstrahlt. Dabei ist er als Psychiater durchaus offen für neue Methoden, will die Patienten nicht wegsperren, begegnet ihnen mit neugieriger Sympathie.

Viele schöne, ulkige Episoden aus dem Roman haben es in den Film geschafft. So ist Lina Beckmann in einer Minirolle als Haushälterin Frau Fick zu erleben, Axel Milberg macht sich gut als nervöser Politiker. Genauso stark sind die tieftraurigen Szenen. Dass ein Hund nicht ewig lebt, ist schlimm genug, doch der Tod grundiert diese Geschichte überhaupt. Die große Kunst von Sonja Heiss und ihrem Team zeigt sich darin, wie sich die Kippmomente vom Lustigen ins Tragische langsam ankündigen – und wie es auch Wege aus der Trauer gibt. Wer bei diesem Film nicht lacht, hat keinen Humor. Wer bei diesem Film nicht weint, hat kein Herz.

Generation 14plus: „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war.“ Deutschland 2023, 116 Minuten