„Kiss the Future“: Wie ein Konzert von U2 das Kriegsende in Sarajevo feierte
Emotionale Bilder und Interviews erinnern an die Belagerung von Sarajevo und an die Bedeutung von Kunst im Krieg. Der Film weist in die Gegenwart.

Die Frage, woher der Film kommt und wohin er führt, die Frage nach der Bedeutung seines Gegenstands für heute wird im Vor- und Abspann beantwortet. „Kiss the Future“ ist gerahmt von Nachrichtenbildern. Zu Beginn sehen wir die friedliche Revolution in der DDR mit dem Fall der Mauer, dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem Auseinanderfallen Jugoslawiens. Von dort zoomt der Regisseur Nenad Cicin-Sain nach Sarajevo, in die Stadt, die der serbische Führer Slobodan Milošević ab dem 5. April 1992 mit Bomben beschießen, mit Panzern erstürmen und belagern ließ.
Mehr als 10.000 Tote und 50.000 Verletzte kennt die Statistik über diese 1425 Tage. „Kiss the Future“ erzählt von den Menschen, die in der belagerten Stadt um ihr Überleben kämpften, von ihrer Sehnsucht nach Frieden. In Schutzkellern fanden Konzerte statt, Punker wie Philharmoniker ließen für Stunden den Krieg vergessen. Es wurden Hochzeiten gefeiert zwischen Trümmern, sogar eine Miss-Wahl wurde ausgerichtet.

Historische Aufnahmen wechseln sich ab mit Interviewpassagen im Stil von TV-Dokumentationen. Man lernt die Gesprächspartner und ihre Geschichten nach und nach kennen, so auch Enes Zlatar von der Rockband Sikter, der vom Tanzen im Keller erzählt.
Die prominentesten Interviewten sind der damalige US-Präsident Bill Clinton, die CNN-Journalistin Christiane Amanpour und Bono, der Sänger und Texter der Rockband U2.
Und das ist der Kern des Films: Der damals als Helfer in Sarajevo engagierte Amerikaner Bill Carter nahm Kontakt zu Bono auf und interessierte ihn für die Lage der Menschen in der Stadt. Bei ihren Konzerten schaltete die Band dann nach Sarajevo. So etwas ist heute eine Selbstverständlichkeit, damals war es revolutionär.
„Fuck the war, kiss the future!“
Am 23. September 1997 endlich spielte U2 in der Stadt. Das war, anderthalb Jahre nach dem Ende der Belagerung, das wirkliche Ende des Krieges. In emotionalen Aufnahmen zeigt der Film, wie die Menschen wieder draußen zusammenkommen konnten. Wie es wieder egal war, welcher Religion man angehörte – denn das hatte früher den Geist Sarajevos ausgemacht. Bono rief: „Fuck the war, kiss the future!“ Niemand kann ohne Tränen davon sprechen. Die Schlussbilder aber führen nach Russland und in die Ukraine.
Kiss the Future. Berlinale Special Gala: 20.2., 13 Uhr, 21.2., 21.30 Uhr Verti Music Hall.