„BlackBerry“: Vom Aufstieg und Fall eines Handy-Giganten
Der kanadische Film von Matt Johnson beruht auf wahren Begebenheiten, bleibt aber hölzern, trotz toller Schauspieler.

Kann sich noch jemand an die Zeit erinnern, als Leute, die eine Zukunft voraussagten, in der man mithilfe eines winzigen Computers Nachrichten schicken können sollte, E-Mails, telefonieren, nach der Uhrzeit sehen und was sonst noch alles, als Spinner galten? Als Spinner und Träumer, die sich auf Bali oder Tahiti arbeiten sahen, da man mit der von ihnen entwickelten Technologie ja in Echtzeit mit allen Menschen auf der Welt verbunden sein würde. Diese Zeit ist erst ein Vierteljahrhundert her, und in den 2000er-Jahren dieser Entwicklung regierte ein Name diese schöne neue Tech-Welt: BlackBerry. Um den rasanten Aufstieg und tiefen Fall dieser Firma geht es in dem gleichnamigen Film. Er beruht auf wahren Begebenheiten und einem 2015 erschienenen Sachbuch.
In der ersten Szene sitzen zwei Nerds im Büro einer ernstzunehmenden Firma, um ihre Idee dieses wunderfähigen Handcomputers zu präsentieren. Doug, den der Regisseur selber spielt, und der Firmengründer Mike Lazaridis (Jay Baruchel) tragen Jeans und T-Shirt, der eine bändigt sein langes Haar mit einer roten Bandana, der andere ist so gehemmt, dass er kaum den Blick heben kann. Jetzt wird er allerdings aktiv, denn eine Sprechanlage auf dem Konferenztisch stößt ein Summen aus, das er nicht ertragen kann. Mit einer Büroklammer repariert er die Schundware aus China in Minutenschnelle. Der geniale Techniker hat ganz offenbar autistische Züge.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Die Mitarbeiter der Garagenfirma in Waterloo, Kanada, haben nicht nur die Vorstellungskraft, sondern auch die Fähigkeiten, das Gerät für diese oben beschriebene Vision zu entwickeln, aber vom Geschäftlichen keinen blassen Schimmer. Ihrer nimmt sich Jim Balsillie (Glenn Howerton) an, ein Businesshai mit Killerblick, der nichts von Technologie versteht, aber Methoden hat, sich in der Geschäftswelt durchzusetzen. Die Szenen, in denen diese Welten aufeinanderprallen und einander durchaus auch befruchten, haben etwas Komödiantisches. Anfangs jedenfalls.
„BlackBerry“: Was sich nicht verwerten lässt, muss weg
Dann aber geht es einfach immer so weiter. Der Erfolg stellt sich ein, aber statt ihn zu feiern oder etwas davon zu haben, werden die Nerds mit Hilfe von viel Brüllerei aus dem Mund neu eingestellter, in ihrer Knallhärte überzeichneter Manager der kapitalistischen Arbeitslogik unterworfen. Sie dürfen nicht mehr spielen, keinen Quatsch mehr machen in den immer größer werdenden Büros, und dann wird auch noch der wöchentliche Kinoabend gestrichen. Von den Geschäftsleuten versteht halt keiner, dass ohne Fantasie und Freiraum keine Ideen entstehen. Und dann bleibt auch noch die Freundschaft zwischen Doug und Mike auf der Strecke. „Du bist nutzlos“, schreit Mike seinen alten Freund und Mitstreiter an. Was sich nicht mehr verwerten lässt, muss weg. Das ist bitter.
Da aber die einzelnen Figuren trotz toller Schauspieler blass bleiben, nicht wirklich entwickelt werden, wirkt „BlackBerry“ wie eine Versuchsanordnung für hölzerne Kapitalismuskritik. Es tut einem nicht mal leid, als die Firma den Anschluss verliert und damit ihr Geschäft. Es ist die Zeit, als der Touchscreen seinen Siegeszug antritt, ohne den man sich die Welt heute nicht mehr vorstellen kann. An das Handy namens BlackBerry dagegen können sich heute nur noch ältere Menschen erinnern.
BlackBerry Wettbewerb, Kanada 2023, Regie: Matt Johnson. 18.2., 9.30 Uhr, Zoo Palast 1, 19.2., 18 Uhr, Verti Music Hall, 20.2., 13 Uhr, Cineplex Titania, 23.2., 21.30 Uhr, Haus der Berliner Festspiele