„Gehen und Bleiben“: Volker Koepp auf den Spuren von Uwe Johnson

Der Film erkundet mit den Texten des Schriftstellers und mit Menschen, die durch sie geprägt sind, eine Literaturlandschaft.

Die Ostseeküste in Vorpommern in Volker Koepps Film.
Die Ostseeküste in Vorpommern in Volker Koepps Film.Volker Koepp/Edition Salzgeber

Als der Schriftsteller Uwe Johnson in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt aufgenommen wurde, sprach er in seiner Rede über seine Herkunft. 1977 war das, er hatte die DDR längst verlassen, lebte auch nicht mehr in West-Berlin oder New York, sondern im englischen Sheerness on Sea. „Aber wohin ich in Wahrheit gehöre, das ist die dicht umwaldete Seenplatte Mecklenburgs von Plau bis Templin, entlang der Elbe und der Havel“, sagte er. Der Filmemacher lässt den Schauspieler Peter Kurth diese und andere Zeilen lesen, und man hört auch aus dessen Stimme die Prägung durch den Nordosten Deutschlands.

„Gehen und Bleiben“, der neue Film von Volker Koepp, der so viele Landschaften schon erkundet hat, lässt hier das Meer, die Seen, die sanften Hügel sprechen und die Literatur. Er zeigt, wie tief vor allem die „Jahrestage“ in der deutschen Geschichte verankert sind. Das Finstere schwingt mit unter dem wechselnden Himmel im nördlichen Licht.

Das Herzensbuch von Judith Zander

Koepp bringt Menschen vor die Kamera, die ihn kannten. Heinz Lehmbäcker, der mit Uwe Johnson in Güstrow zur Schule gegangen ist, holt einen ganzen Stapel von Fotos hervor, die er aufgenommen hat. Es reden Menschen, die von seinem Werk in einer Weise berührt wurden, dass es sich in ihre Leben schlich und nicht mehr wegging. So kommt in Anklam die Dichterin und Romanautorin Judith Zander zu Wort, geboren 1980, die erst spät erfuhr, dass die Mrs. Johnson, bei der sie ein Englisch-Seminar während des Studiums belegt hatte, die Frau des Schriftstellers war. „Mutmassungen über Jakob“ nennt sie ihr Herzensbuch.

Der Film beschäftigt sich umherstreifend mit dem, was den Autor in der Sprache hielt, auch als er aus der Landschaft fortgegangen war. Er zieht durch den mecklenburgischen Wind, führt in Berliner Zimmer und auf den Leipziger Hauptbahnhof. Drei Stunden reicher Eindrücke sind das, drei Stunden, während derer sich das Notizbuch auf den Knien mit immer mehr Hinweisen füllt zum Weiterlesen und Reisen.

Gehen und Bleiben von Volker Koepp. Deutschland 2023. 26.2., 19 Uhr, Akademie der Künste