Berlin-Ob Kosmos in Berlin, Capitol in Leipzig oder Gloria-Palast und Union-Theater in der Provinz – für Generationen früherer DDR-Bürger sind Namen wie diese mit Kinoerinnerungen verbunden. Auf einer digitalen Landkarte der Universität Erfurt werden die DDR-Kinos nun dokumentiert.
Die Plattform ist Kern einer Untersuchung von Historikern und Kommunikationswissenschaftlern zum DDR-Kinoalltag. 376 Standorte sind auf der Online-Karte inzwischen aufgeführt, seit sie im vergangenen Herbst freigeschaltet wurde.
„Es gibt zwar relativ viel Forschung zur Kinopolitik in der DDR und den Filmverboten nach 1965“, sagt die Historikerin Christiane Kuller, die das Projekt zusammen mit dem Kommunikationswissenschaftler Patrick Rössler leitet. „Aber der Kino-Alltag selbst und die Lebenserfahrungen der DDR-Bürger damit sind eine echte Forschungslücke.“ Bei den Filmverboten bezieht sie sich auf das berüchtigte XI. Plenum der SED-Spitze 1965. In dessen Folge war nahezu ein kompletter Jahrgang an nicht ins ideologisches Bild passenden DDR-Spielfilmen verboten worden.
Tickts, Plakate, Berichte von Statisten
Eine Hauptrolle bei der Erschließung der DDR-Kinogeschichte spielen ostdeutsche Hobby-Cineasten: Ehemalige Kinobesucher, Filmvorführer und auch Menschen, die als Statisten bei DEFA-Filmen mitgespielt haben, tragen frühere Kino-Standorte in die Online-Karte ein und steuern auch alte Tickets und Plakate bei.
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Kinostandorte in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sind digital erfasst. So ist etwa für das einstige Alhambra Luckenwalde vermerkt, dass der Betrieb um die Jahrtausendwende eingestellt wurde.
Filmleinwände auf Zeltplätzen, in Betriebsferienheimen, Schulen, das Landkino in Dörfern und natürlich die regulären Lichtspielhäuser – „diese Vielfalt der Aufführungsorte finde ich sehr interessant am DDR-Kino“, sagt die Historikerin Kuller. Allerdings hätten Kinofans außerhalb Berlins, dem zentralen Erstaufführungsort, oft lange auf Neuerscheinungen warten müssen, berichtet Co-Projektleiter Rössler, der über die Plattform mit einer Reihe früher im Kinowesen beschäftigter Menschen in Kontakt gekommen ist. „Wenn Berlin durch war, kamen in der Regel die Bezirksstädte dran und erst dann die kleinen Orte.“