„Manta Manta, zwoter Teil“: Ein Film wie ein Loch im Kopf

Über 30 Jahre nach „Manta Manta“ legt Til Schweiger eine Fortsetzung vor. Bei Autounfällen kann man nicht wegschauen, heißt es. Hier schon. 

Berti is back – für ein letztes großes Rennen.
Berti is back – für ein letztes großes Rennen.Constantin Film Verleih/Bernd Spauke

Der zweite Teil beginnt, wie der erste endete: Mit dem Versprechen von Veränderung. Der „Wind of Change“ der Scorpions pustet den Fuchsschwanz über die Allee und erschwert Berti (Til Schweiger) den Weg – denn statt aufs Gaspedal tritt die Rennfahrerlegende aus Hagen diesmal in die Pedale eines klapprigen Drahtesels. „Loser“ nennt ihn ein Grünschnabel im getunten Golf, bevor er ihn bei einer lebensgefährlichen Aktion ins Maisfeld abdrängt. Ist Til Schweiger etwa unter die Fahrradaktivisten gegangen?

Das Narrativ des debilen Autofahrers nimmt ja seit einiger Zeit wieder Fahrt auf, zumindest bei Twitter und unter Menschen aus dem urbanen Akademikermilieu. Die neuen Subjekte der Verachtung sind allerdings eher Porsche- oder SUV-Besitzer, denn so wie das Bewusstsein für Sexismus und Antislawismus Blondinen- und Polen-Witze zum Aussterben gebracht hat, verbieten sich Manta-Witze mittlerweile aus Klassismus-Gründen.

Keine Minute ohne Musik

Nun ist politische Korrektheit kein Kriterium für eine gute Komödie, eher im Gegenteil, und so kann man nach dem schnellen Bruch mit den Verheißungen der Eröffnungssequenz – Berti radelt zum Idiotentest, um seinen Lappen wiederzukriegen – tatsächlich noch hoffen, dass hier jemand auf die Debatten der Gegenwart geschaut hat, um ihre Schwächen und Widersprüche durch Veralberung offenzulegen. Und vielleicht stimmt das sogar – doch gleich die nächste Szene erinnert daran, wohin das unter der Regie von Til Schweiger auch führen kann: Als Berti seinen Führerschein entgegennehmen will, zuckt er beim Anblick seiner Sachbearbeiterin zusammen. War das nicht früher ein Mann?! Ja, aber ein sehr unglücklicher, erklärt die Dame geduldig zu schmalzmusikalischer Untermalung. Jetzt sei das anders und sie in einer harmonischen Beziehung zu einer Frau. „Sie sind also eine Frau geworden, um lesbisch zu werden??“ Berti versteht die Welt nicht mehr, und das Publikum soll sich auf die Schenkel klopfen. Man habe keinen „Woke-Film“ drehen wollen, sagte Schweiger nach der Premiere in einem Interview. Was damit gemeint sein könnte und was er stattdessen drehen wollte, wird sein Geheimnis bleiben. 

Sowohl für das Niveau der Witze als auch für den Soundtrack bleibt diese Szene richtungsweisend. Die Minuten, in denen der Film ohne Musik auskommt, kann man nach der zweistündigen Laufzeit gefühlt und vielleicht auch tatsächlich an zwei Händen abzählen – die Songauswahl reicht von den 90ern bis in die Gegenwart und erscheint meist so willkürlich wie unpassend. Penetranter Pop-Gesang lenkt von Dialogen ab, immer wieder werden ganze Handlungssequenzen in Musikvideomanier zu einem emotionalen und erzählerischen Einheitsbrei verrührt. Begleitet von den Trommeln des Safri Duo bemerkt Bertis Freund Salem (Tamer Tıraşoğlu) zum Beispiel nach drei Dönern beim Motorklau, dass er „kacken“ muss – um das in der Garage seines cholerischen türkischen Onkels, der „nichts so sehr bewacht wie seine Tochter Siri“, dann auch sogleich zu erledigen. Berti reicht ihm zum Abputzen Schmirgelpapier, während die schöne Siri (Nilam Farooq) nebenan am Esstisch ihrem Vater weismachen soll, dass sie sich in Klausi (Michael Kessler) verliebt hat, der schon im ersten Teil als Bertis bester Freund dabei war. Spätere Küssversuche werden an Klausis großer Nase scheitern.

Den Motor klauen muss Berti übrigens, weil er hoch verschuldet ist und seine Autowerkstatt zu verlieren droht. Als einziger Ausweg erscheint ihm das Preisgeld eines Autorennens, auch wenn er sich und seiner Familie nach einem Unfall eigentlich schon vor Jahren geschworen hatte, seine Karriere am Steuer zu beenden. Zerbrochen ist die Familie daran allerdings schon vorher; Uschi (Tina Ruland) wohnt heute mit ihrem Sohn (Tim Oliver Schultz) bei einem reichen Schnösel (Moritz Bleibtreu), während die Tochter Mücke (Luna Schweiger) zu Papa gezogen ist. Nicht nur versierte Schweiger-Zuschauer ahnen, wie die Sache ausgehen wird.

Nur Luna Schweiger ist es zu verdanken, dass manchmal doch ein bisschen Ruhrpottgefühl aufkommt, wenn sie mit Bierdose und dickem Lidstrich in der Werkstatt rumhängt und die Männer in Sachen Frauen und Geschäft berät. Sogar Sätze wie „Papa, du bist wie ein Loch im Kopf. Keiner braucht es. Aber ich brauche dich“ kann sie sagen, ohne im Publikum Augenrollen zu provozieren. Vielleicht, weil sie es wirklich so meint.

Warum Til Schweiger ausgerechnet eine Fortsetzung von „Manta Manta“, des Films, der seinen Karrieredurchbruch markierte und untrennbar mit dem Namen Bernd Eichinger verbunden ist, als Rahmen gewählt hat, um eine weitere sonnendurchflutete Familienschnulze zu erzählen – und dass man dem bei Constantin Film zugestimmt hat –, ist schwer zu begreifen. 

Manta Manta – Zwoter Teil. Spielfilm, 125 Minuten, ab 30. März im Kino


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