Räkeltest: Was muss ein Kinosessel können? Und was darf er nicht?

Multiplexe setzen in Post-Covid-Zeiten auf Luxusbestuhlung. Pünktlich zur Berlinale sind auch die Cinemaxx-Kinosäle gepimpt. Achtung, kann peinlich werden!

Kinosaal mit Luxussesseln
Kinosaal mit LuxussesselnJörg M. Krause/Cinemaxx

Momentchen, bitte! Dieser Text fängt erst so richtig an, wenn der Autor sich gründlich geräkelt hat. Ächz, summ, seufz, knack, pfff, herrlich. Aber wie soll er jetzt von diesem neuen Recliner-Luxuskinoliegestuhl, mit denen die Cinemaxx-Gruppe ihre Säle bestückt hat, berichten, ohne in Schleichwerbungsverdacht zu geraten? Durch herausgestellte Unbestechlichkeit: Es gibt zum Glück auch einen Nachteil zu vermelden und Einordnungen vorzunehmen. 

Ja, diese Sessel können was. Per Elektromotor neigt sich die Rückenlehne nach hinten, zugleich werden die Beine angehoben, wobei der Körper durch die summende Mechanik in angenehme Mikrovibrationen versetzt wird, so als würde eine frisch geföhnte Hummel durch den Rückenmarkkanal summen. Es gibt auch ein leider unterdimensioniertes Tablett mit einem Becherschacht. Die Kunstlederbezüge machen einen hygienischen Eindruck und schmiegen sich gut an, breite Armlehnen verhindern Ellbogengefechte, wie sie in unserer auf Konkurrenz basierenden Gesellschaft ohnehin zu häufig vorkommen.

Wo sind die Aschenbecher?

Und dennoch ist der Anspruch von luxuriöser Behaglichkeit nicht neu und wurde in der Vergangenheit durchaus schon übertroffen, etwa mit der Saalbestuhlung im Berliner ICC: Dort sind 3000 Polstersessel mit Mikrofon, Wortmeldetaste, Worterteilungssignal, Simultandolmetscheranlage, Schreibplatte, Tischbeleuchtung, Lautstärkeregler, Kopfhöreranschluss, Aufhängevorrichtung für Taschen, Ablagenetz, Halterungen für Gläser und Flaschen ausgestattet. Und selbstverständlich waren – wie sollte man die Tagungen, Vorträge, Filmvorführungen anders überstehen? – auch Aschenbecher montiert. Der Seventies-Chichi wiegt die raumgreifende Rücklehn- und Beine-hoch-Funktion dieser neuen Bettsessel nicht auf.

Aber was war das da oben für ein „Pfrff“? Hiermit wird lautmalerisch das Geräusch beschrieben, das entsteht, wenn man beim Räkeln den Nacken oder andere Körperteile zu tief in die Polsterung drückt. Man würde es überhören, wenn es nicht einem anderen Geräusch ähneln würde, nämlich einem „Pfrff“, das eine ungezügelte Entladung von Flatulenzen begleitet.    

Um keinen falschen Verdacht bei seinen Sitz- und Liegenachbarn zu erregen, musste der Autor leider stillhalten und versteifte zunehmend. Der schönste Bettsessel wird, wenn man sich nicht regen darf, irgendwann so gemütlich wie ein Sarg.