Bad Boss: „The Consultant“ auf Amazon Prime

Als ob die Arbeitswelt nicht anstrengend genug wäre, kommt auch noch Christoph Waltz als Chef ums Eck. Der hat nur die übelsten Absichten im Aktenkoffer.

Macht da etwa schon wieder jemand Pause? Christoph Waltz hat als sinistrer Firmenchef Regus Patoff alles genau im Blick.
Macht da etwa schon wieder jemand Pause? Christoph Waltz hat als sinistrer Firmenchef Regus Patoff alles genau im Blick.Andrew Casey/Prime Video

Der Bürokomplex in Kalifornien sieht aus wie aus einer Apple-Werbung: Eine diverse Gruppe sehr junger und ansehnlicher Menschen in Hoodies und Sneakern arbeitet an Spielen für mobile Endgeräte. Die Stimmung ist gelassen, draußen wartet ein Foodtruck mit vegan-vegetarischem Mittagsangebot, und wenn der Druck des 24/7-Worklife ohne Balance nervt, wird der Joint aus dem Schreibtischcontainer gezogen.

Blut an der Glaswand

Alles ist fein zwischen den glänzend bunten Bürowänden, Glasböden und Computerkonsolen, an denen die Angestellten Spiele für die Generation ersinnen, von der sie sich im Mindset und der Oberbekleidung kaum noch unterscheiden.

Alles gut, würde da nicht das Blut des Chefs und Masterminds der fiktiven Firma CompWare an den Glaswänden kleben und sich nach dessen Ableben prompt ein neuer Boss in die Firma drängen. Nur ein Berater will der verschrobene Regus Patoff (Christoph Waltz) sein und steht da wie ein Fremdkörper in seinem Maßanzug und seiner korrekten Haltung inmitten der Generation Z. Eine Witzfigur, die Hilfe braucht, um die polierte Glastreppe in sein Büro hochzusteigen.

Dass Patoff hinter seinem vermeintlich freundlichen Gesicht ein Ungeheuer ist, das weder Empathie noch Verständnis für die Nöte, gar die Behinderungen seiner neuen Mannschaft hat, wird spätestens dann klar, als er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Galerie herunter mit einem schnittigen „Good morning, Comrades!“ begrüßt und die Tür abschließt. Wer es nicht innerhalb einer Stunde aus dem Homeoffice ins Büro schafft, bleibt jetzt draußen und kann sich einen neuen Job suchen, das gilt auch für die Programmiererin im Rollstuhl. 

Dass es sich jedoch bei „The Consultant“ nicht nur um die Geschichte eines neoliberalen Change-Prozesses handeln kann, wird ebenfalls zügig deutlich. Irgendwas stimmt nicht mit Regus Patoff, sein Humor ist zu kalt, sein Auftritt zu freundlich, das Lächeln immer eine Spur zu sardonisch. Das bemerken auch Elaine Brittany O'Grady und Craig, denen der neue Bad Boss nicht geheuer ist. Und spätestens nach einer durchsoffenen Nacht mit Patoff weiß Craig, dass nichts ist, wie es scheint am Ende des turbokapitalistischen Zeitalters.

„The Consultant“ ist eine bitterböse Komödie, an der nichts lustig ist und nichts versöhnlich. Der Stoff wurde von Tony Basgallop entwickelt und basiert auf dem gleichnamigen Roman von Bentley Little. Strahlender Star des Achtteilers ist natürlich Christoph Waltz als diabolischer Interimschef, der die Schluffi-Programmierer-Bude mit genüsslichem Sadismus aufmischt, dabei aber ganz andere Ziele verfolgt als die Restrukturierung einer runtergewirtschafteten Internet-Firma. Oft erinnert seine Darstellung an Al Pacinos diabolischen Anwalt John Milton im ansonsten recht durchschnittlichen Thriller „The Devils Advocate“ von 1997, allerdings ohne Pacinos penetrantes Over-Acting. 

Bürowelt als Comedy

Als Mittelpunkt einer sich immer schneller drehenden Handlung ist Waltz perfekt in Szene gesetzt, das Ganze hat große Ähnlichkeit mit dem koreanischen Megaerfolg „Squid Game“, es ist ein Spiel in einem Spiel in einem Spiel, ohne natürlich die körperliche Komponente, die die koreanische Serie mitunter wenig erträglich machte. Das Interessante an „The Consultant“ ist aber eigentlich die Tatsache, dass sich mit der Amazon-Prime-Serie ein weiterer Stoff mit einem ganz anderen, kalten und zynischen Blick auf unser modernes Arbeitsleben beschäftigt, das wohl gar nicht mehr so modern ist.

Lange Jahre galt die Welt der Büros und ihrer Beschäftigten als Stichwortgeber für Komödien wie „The Office“, aus der später die deutsche Variante „Stromberg“ wurde. „The Consultant“ jedoch schließt ganz gut daran an, wo Apples famose Serie „Severance“ endete, in der es auch vorbei war mit dem immer rosigen Glauben an noch mehr Erfolg, noch mehr Arbeit, und dem nie eingelösten Versprechen auf ein schönes Leben und die Jahre, die einem bleiben, wenn das Arbeitsleben vorüber ist. Es geht nur darum, wer wen kontrolliert und für seine Zwecke einspannen kann. Ohne Rücksicht auf Verluste.


Wertung: 4 von 5

The Consultant, Miniserie, 8 Folgen, ab dem 24.2. auf Amazon Prime