„Hello Tomorrow!“ auf Apple TV+: Die Zukunft als ein Meer der Belanglosigkeiten
Wie sieht ein Morgen aus, das von Maschinen und Künstlicher Intelligenz dominiert wird? Auf solche Debatten hofft man in „Hello Tomorrow!“. Vergeblich.

Alle reden über Künstliche Intelligenz, seit vor wenigen Wochen ChatGPT erschienen ist. Bereits über 100 Millionen Nutzerinnen und Nutzer haben sich registriert, um die Anwendung zu testen. Gedichte, Reden, sogar wissenschaftliche Hausarbeiten kann der Chatbot verfassen. Gleichsam werden Fragen laut, die nicht neu sein mögen, angesichts der Entwicklung aber eine andere Brisanz aufweisen: Wie wird Künstliche Intelligenz die Arbeitswelt, den Blick auf Bildung und Expertise, letztlich unser aller Leben verändern?
Vor diesem Hintergrund erscheint eine Serie, die in einer Zukunft angesiedelt ist, in der Maschinen den Menschen nahezu sämtliche unliebsamen Tätigkeiten abgenommen haben, ganz am Puls der Zeit zu sein. In „Hello Tomorrow!“ haben Roboter etwa das Servicepersonal in der Gastronomie ersetzt, automatisierte Gerätschaften übernehmen das Befüllen von Supermarktregalen, ein selbstfahrender VW-Bus versorgt die Nachbarschaft allmorgendlich mit der neuen Tageszeitung und liefert Pakete aus.
Ein Ferienhaus auf dem Mond
Dass die Neuerungen allein schon aufgrund der Fehlbarkeit von Technik besondere Gefahren in sich tragen, macht eine frühe Szene bewusst: Als eine Frau eine gerade zugestellte Lieferung in ihrer Auffahrt aufhebt, setzt der Wagen zurück, um einen vorbeieilenden Hund nicht zu überrollen, und quetscht sie dabei an das Garagentor.
Wie sich wenig später herausstellen wird, handelt es sich bei der Attackierten um Marie (Annie McNamara), die Ex-Frau des im Zentrum der Handlung stehenden Handelsvertreters Jack (Billy Crudup). Als redegewandtes Verkaufsgenie überzeugt dieser in der Auftaktsequenz einen einsamen, von der Seelenlosigkeit einer durchrationalisierten Welt sichtbar frustrierten Besucher eines maschinell betriebenen Diners von einer ganz besonderen Investition: in ein Ferienhaus auf dem Mond. Und damit in die Verheißung, eines jener Wagnisse einzugehen, die das Leben lebenswert machen – und der Tristesse dieser Erde zu entkommen.

Die zehnteilige Serie der Showrunner Amit Bhalla und Lucas Jansen („Bloodline“) setzt sich eingangs also durchaus mit den Implikationen einer Zukunft auseinander, die von Künstlicher Intelligenz regiert wird – und dadurch auch mit endzeitlichen Gedankengängen, die aktuelle Debatten befeuern. Die Kritik, die sie dabei übt, ist allerdings weder originär, noch wird sie im weiteren Verlauf fortgesponnen oder auch nur erneut aufgegriffen. Das Setting, das sich am besten als retrofuturistisch beschreiben lässt und stark an eine prä-apokalyptische Version aus der bekannten „Fallout“-Spielereihe erinnert, bleibt vollkommen ungenutzt.
Umgeben von Autos, die an amerikanische Modelle aus den 1950ern angelehnt sind, sich aber gleichzeitig schwebend über den Asphalt bewegen, und Computern, deren Monitore zwar ausschließlich schwarz-weiße Bilder wiedergeben, zugleich aber Fähigkeiten besitzen, die über heutige Fabrikate hinausgehen, setzt „Hello Tomorrow!“ zu einer Geschichte an, wie sie in jedem anderen Rahmen erzählt werden könnte.
Weder dramatisch noch komisch
Nach dem lebensbedrohlichen Unfall von Marie begegnet Jack seinem mittlerweile erwachsenen Sohn Joey (Nicholas Podany), der sich ebenfalls für ein Ticket zum kosmischen Nachbarsatellit interessiert. Der Versuch des Vaters, seinen Sohn von der Geldanlage abzuhalten, lässt früh Zweifel an der Seriosität des Geschäfts aufkommen. Jack kann seinen Joey stattdessen davon überzeugen, in das Unternehmen einzusteigen – enthält ihm aber vor, dass er sein Vater ist.
Die Dynamik zwischen den beiden wird zu einem weiteren Dreh- und Angelpunkt einer Dramedy, die in keiner Kategorie des Genre-Mixes tatsächlich einnehmend ist. Zu erwartbar sind die Pointen um das ungleiche Duo einer auf Rache sinnenden Kundin Myrtle (Alison Pill) und einem überkorrekten Beamten (Matthew Maher), der sich durch seine Ermittlungen gegen das Mondfahrt-Unternehmen die Zuneigung von Myrtle erhofft. Zu abgedroschen sind die melodramatisch anmutenden Entwicklungen in besagter Vater-Sohn-Beziehung.
Wie bereits im Titel der Serie anklingt, will „Hello Tomorrow!“ letztlich auch eine Erzählung über die Kraft der Hoffnung sein. Darüber, wie der Glaube an eine bessere Zukunft an einem fernen Ort nicht nur andere Mitarbeiter, darunter der spielsüchtige Eddie (Hank Azaria) und die von ihrer Partnerschaft enttäuschte Shirley (Haneefah Wood), motiviert. Sondern auch, wie dieser Job insbesondere Jack das Leben rettet, ja an den Sinn eines Weitermachens glauben lässt. Die „Dum Spiro Spero“-Mahnung ist sicherlich das denkwürdigste Element dieser erstaunlich ereignisarmen Serie. Ob man sie in diesem immerhin überaus stilsicher inszenierten Meer der Belanglosigkeiten auch vernimmt, ist allerdings fraglich. Eigens dafür einzutauchen, lohnt sich jedenfalls nicht.
Wertung: 2 von 5 Punkten
Hello Tomorrow!. Serie, 10 Folgen, ab 17. Februar bei Apple TV+, jeden Freitag eine neue Folge