Liebet eure Feinde: Warum Kinos Streamingangebote machen
Berliner Kinos streamen seit Anfang 2021, nun macht den bisherigen, eher kleinen Angeboten die Yorck-Kinogruppe mit einer eigenen Plattform Konkurrenz.

Es scheint auf den ersten Blick widersinnig, dass Kinos Streamingangebote machen. Aber sie tun es, Tendenz steigend. Eine, der man mangelnde Kinoliebe bestimmt nicht vorwerfen kann, ist Verena von Stackelberg, die 2017 das Wolf Kino in Berlin-Neukölln gegründet hat. Seit Anfang 2021 bietet sie eine Streamingoption über die Plattform Cinemalovers an. Es ist ein kuratiertes Programm, ohne Limit für Mitglieder, aber man kann auch Filme einzeln kaufen. Sie stammen teilweise von jungen Regisseurinnen und Regisseuren, die bei den großen Streamingdiensten nie eine Chance hätten. So ist derzeit „Uchronia“ im Programm, ein Film des aus dem Iran stammenden, in Berlin lebenden Azin Feizabadi. Lukrativ sei das nicht, sagt Verena von Stackelberg. Die Nutzung von Cinemalovers kostet, aber sie hält es für eine Investition in die Zukunft.
Das Wolf Kino ist zudem Mitglied im Indiekino Club, in dem sich die zehn Berliner Indiekinos im ersten Lockdown zusammengeschlossen haben. Über den Club kann man als Abonnent ausgewählte Indie- und Arthouse-Filme streamen, derzeit ist hier etwa eine Werkschau von Elke Sander im Programm. Das Abo verbindet sich mit einer Rabattkarte für den Kinobesuch. „Nicht besonders wirtschaftlich, aber eine interessante Spielwiese“, fasst die Geschäftsführerin von Indiekino Hendrike Bake es zusammen.
Nun bekommt dieses eher kleine Angebot Konkurrenz: Die Berliner Yorck Kinogruppe startet mit Yorck on Demand. Nachdem sie aus dem Programm der Yorck-Kinos verschwunden sind, laufen die Filme hier digital weiter. Zum Start sind es 100 Filme, geplant sind bis zu 200. Das Angebot trägt dem Umstand Rechnung, dass viele Filme verschwinden, wenn sie nicht mehr im Kino laufen. Und es geht um die kuratierte Auswahl. Der Geschäftsführer Christian Bräuer ist sicher, dass „in Zeiten, in denen immer öfter Algorithmen darüber entscheiden, was gesehen und produziert wird, die menschliche Empfehlung als vertrauenswürdigste Quelle eine Renaissance erleben wird“. Wer einen Film streamt, sammelt Punkte, für die er irgendwann eine Kinokarte kaufen kann.