Kirsten Boie kritisiert Rechtspopulismus beim Verein für Deutsche Sprache

Die Schriftstellerin lehnt einen Preis des Vereins ab. Sie begründet es mit Aussagen von dessen Vorsitzenden und Mitgliedern zu „Überfremdung“ und „Genderwahn“.

Kirsten Boie, Autorin und Bürgerin.
Kirsten Boie, Autorin und Bürgerin.Berliner Zeitung/Markus Wächter

Jede Sprache entwickelt sich, schreibt die Schriftstellerin Kirsten Boie an den Hamburger Vorsitzenden des Vereins für Deutsche Sprache e. V. Sie hat schließlich Germanistik studiert. Welche Auffassung die Spitze des Vereins in dieser Frage vertritt, scheint ihr da unerklärlich. Wie zuerst das „Hamburger Abendblatt“ berichtete, hat sich Boie kurzfristig entschlossen, den Elbschwanenorden abzulehnen, den der Verein ihr an diesem Mittwoch überreichen wollte. Erst am Wochenende nämlich habe sie gegoogelt und „mit Erschrecken“ Äußerungen des Bundesvorsitzenden des Vereins gelesen. Da ist die Rede „vom ,aktuellen Meinungsterror unserer weitgehend linksgestrickten Lügenpresse‘, von der ,Überfremdung der deutschen Sprache‘, vom ,Genderwahn‘.“ Sogar noch erschreckender erschienen ihr die unwidersprochenen Kommentare der Mitglieder dazu.

Kirsten Boie gehört nicht einfach nur den zu erfolgreichsten Autoren hierzulande, die für Kinder schreiben. Ihr Werk ist so aufgebaut, dass sie die Jüngsten an Bücher und das Lesen heranführt und ältere Kinder mit fesselnden Stoffen zum Nachdenken und Fragenstellen anregt. Beunruhigt durch die ungleiche Entwicklung an den Schulen, startete sie 2017 eine Initiative für mehr Leseförderung, mit der sie bis zum Bundesbildungsministerium ging.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Schreiben, Sprechen und Denken gehören zusammen. Indem Kirsten Boie sich von populistischen Parolen abgrenzt, zeigt sie sich verantwortlich. Boie äußert sich in dem Brief auch besorgt wegen des „Rechtsrucks in Teilen der Bevölkerung“: Sie bringt die Parolen von der „Lügenpresse“ mit den Vorgängen auf den Straßen zusammen.

Auch die Gesellschaft verändert sich. Frauen, die sich von althergebrachten Begriffen nicht mehr „mitgemeint“ fühlen, kämpfen darum, auch in der Sprache sichtbar zu werden. Das kann man diskutieren, doch wenn ein Sprachwahrer-Verein dies diffamiert, ist es gut, wenn eine Schriftstellerin mit dem nix zu tun haben will.