Kolumne Leo & Gutsch: Der Penis der Erpel
Auf meinem Balkon treffen sich jetzt gerne die Spatzen. Ich benutze den Plural, weil ich glaube, dass es immer unterschiedliche Spatzen sind. Aber ich weiß es nicht. Es läuft jedenfalls so: Frau Spatz setzt sich auf die Balkonbrüstung, hebt ihr Hinterteil etwas an, plustert sich auf. Dann kommt Herr Spatz angeflogen und setzt sich kurz drauf. Sehr kurz. Frau Spatz schaut gelangweilt. Manchmal glaube ich, eine Art professionelle Langeweile zu erkennen.
Sind die Spatzen fertig, kommen oft die Tauben. Der Paarungs-Ablauf ist ähnlich, nur aggressiver. Zuweilen hackt das Männchen dem Weibchen seinen Schnabel in den Kopf, was dieses sehr zu mögen scheint.
Abendgestaltung: Vögel beim Vögeln beobachten
So verbringe ich jetzt manche Sommerabende: Ich beobachte Vögel beim Vögeln. Manchmal trinke ich ein Glas Wein dazu und frage mich, warum sie es gerade auf meinem Balkon treiben. Bei den Nachbarn ist alles still. No sexy business. Habe ich in Vogelkreisen einen schlechten Ruf? Gilt mein Balkon dort als Rotlicht-Viertel oder Taubenstrich? Zwitschern sich die Spatzen zu: Hey, lasst uns mal wieder beim Gutsch vorbeifliegen und dort hübsch einen wegstecken!
In gewisser Weise ist mir das Zuschauen auch unangenehm. Ich möchte eigentlich kein Vogel-Voyeur sein, keine Spatzen-Spanner. Manchmal fühle ich mich aber auch schon ein bisschen wie Bernhard Grzimek, der tagelang in der Serengeti im Busch saß, getarnt als Gnu, und das Sexleben der Zebras beobachtete. Oder umgekehrt.
Im Internet las ich dann, um mich ein wenig zu bilden, dass die meisten Vögel gar keinen Penis haben. Nur drei Prozent sind Penis-Vögel. Das machte mich fast neidisch. Keinen Penis, aber trotzdem ständig spitz wie zehn Matrosen.
Der Korkenzieher-Penis
Tauben tun es bis zu sieben Mal am Tag. Spatzen noch häufiger. Der Schwarz-Milan sogar 14 Mal täglich. Glücklich muss sich deshalb schätzen, wer keinen Balkon im Schwarz-Milan-Brutgebiet hat.
Über die männliche Ente, den Erpel, las ich, dass dieser einen „Korkenzieher-Penis“ habe. „Der Penis des Erpels liegt eingestülpt in einer Tasche in der Kloake. Er ist nie zu sehen, weil Enten vor der Begattung keine Erektion haben.“ Interessant. Auch wenn der Korkenzieher-Penis des Erpels nie zu sehen ist, haben ihn die Menschen entdeckt.
Ich bin froh, dass es anscheinend Menschen gibt, die Freude an solchen Entdeckertätigkeiten empfinden. Die hinaus in die Welt gehen und sich begeistert mit den Geheimnissen des Enten-Penis befassen. Irgendjemand muss das ja tun, damit wir mehr über diese Dinge erfahren. Aber ich möchte es nicht sein.
Der Sex der Meeresschnecken
Vor einiger Zeit las ich einen Artikel über das Sexleben von Meeresnacktschnecken. Meeresnacktschnecken-Sex läuft demnach so ab: Erst sticht der männliche Part mit einem „spritzenähnlichen Penisstab“ in den Bauch der Partnerin und injiziert Prostataflüssigkeit. Dann dringt er mit einem „Dornenpenis“ in die Geschlechtsöffnung ein und führt sein Sperma ein. „Wie schmerzhaft das ist, versuchen wir noch herauszufinden“, sagte ein Forscher.
Echt? Wie um Himmels Willen möchte man das herausfinden? Und wozu?
Die Meeresnacktschnecke ist zwei bis drei Millimeter groß. Jahre und Jahrzehnte verbringen die Forscher mit diesen Tieren. Wie erklärt man das eigentlich zu Hause seinen Kindern? Was macht Vati?
Oh, der Vati geht morgens zu Arbeit und kümmert sich dann um den Dornen-Penis der Meeresnacktschnecke. Manchmal auch um den spritzenähnlichen Penisstab. Dein Vati weiß ganz viel über Schneckenpenisse, frag ihn doch mal was ...!
Sextouristen aus Brandenburg
Vor ein paar Tagen haben unten im Hof zwei Hunde gevögelt. Ich ging zügig dran vorbei und fuhr ins Umland. Ich wollte meine Ruhe. Abends saß ich im Garten, wo es dann zwei Igel schnaufend miteinander trieben. Es ist die verdammte Sommerzeit, dachte ich. Alle sind ganz rallig. Später fuhr ich zurück nach Berlin. Ich parkte mein Auto nachts in der Kastanienallee. Und dann sah ich plötzlich einen Fuchs. Er schlich durch die Straßen und erst dachte ich: auf der Suche nach Futter. Aber wahrscheinlich war er einfach nur ein Sextourist aus Brandenburg.