Ihr strahlendes Lachen verdeckt die Traurigkeit, die durchlebten Ängste, die Sorgen um Familie, Freunde, Nachbarn. In ein so junges Gesicht gräbt sich das alles noch nicht tief ein. In die Bilder, die Keramik-Köpfe umso mehr. Olenas Traurigkeit steckt in den Farben, in den Formen – und mischt sich doch mit Hoffnung auf Frieden, mit der Zuversicht, bald heimkehren zu können in die Ukraine.

Olena Pronkina, geboren 1988 in Usbekistan als Kind von Ukrainern, arbeitete bis zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine in Kiew. Wie so viele flüchtete sie nach Lwiw und im Juni nach Berlin. Seitdem bereitete sie hier ihre Ausstellung im Kunstverein Ost (KVOST) zur Art Week vor. Sie erhielt das KVOST-Stipendium, als erste Stipendiatin. Und gerade wurde sie von der Secco-Pontanova-Stiftung mit dem mit 10.000 Euro verbundenen Claus-Michaletz-Preis geehrt.
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Bis zu ihrer Flucht malte sie Parallelwelten, wie verästelte Träume, die Farben gedämpft. Stephan Koal, ihr Kurator von KVOST, meint, die Motive wirkten, „wie einem Sandsturm ausgesetzt“, als Reminiszenzen an eine vergangene Zeit – Florentiner Freskomalerei kreuze sich mit Bildern aus der untergegangenen DDR. Und in den Blumen tragenden Gestalten fühle er sich erinnert an Mattheuers berühmte „Ausgezeichnete“, an die traurige Frau mit den Tulpen vor ihr auf dem Tisch.

Jetzt ist ins viele Grün auf Olenas Bildern Schwarz hineingeraten. Die Köpfe haben sich von den Körpern gelöst, in die Welt geworfen wie Würfel in einem Spiel. Sicherheit gibt es nicht mehr. Und da sind die Köpfe aus Keramik, aufgereiht auf Sockeln. Ihre Herstellung hat die Bildhauerwerkstatt im Kulturwerk des bbk Berlin ermöglicht. Mal haben diese anonymen „Porträts“ die Augen offen, dann wieder geschlossen. Aber dieser „Schlaf“ spendet keine Ruhe, keine Kraft, keine Träume. Nicht solange dieser Krieg die Vernunft wie unter Narkose setzt.
Olena Pronkina nennt ihre Ausstellung bei KVOST „Dew in the Sun“, nach dem Gedicht „Unsere Feinde werden verschwinden wie der Tau in der Sonne ...“ des ukrainischen Dichters Pawlo Tschubynskyj, geschrieben 1862, später vertont zur ukrainischen Hymne. So schimmern sie durch, die Hoffnung und die Zuversicht.
KVOST (Kunstverein Ost e. V.), Leipziger Str. 47, bis 19. November, Mi–Sa 14–18 Uhr. Zur weiteren Information: Während der Berlin Art Week organisiert der Hilfsverein Be an Angel e. V. eine Benefiz-Schau 30 ukrainischer Künstler. In den Räumen der SVPL-Collection, Monumentenstr. 33–34 , werden die Werke bis 18. September bei „Ukrainian Voices of Art“ angeboten.