Berliner Galerie Diehl zeigt spontan ukrainische Kunst

Der russische Zeichner Yuri Albert verschiebt dafür ganz solidarisch seine geplante Soloschau.

Es ist Krieg in der Ukraine. Und Kiewer Künstler wollen mit ihrer Benefiz-Ausstellung in der Berliner Galerie Diehl sofort helfen.
Es ist Krieg in der Ukraine. Und Kiewer Künstler wollen mit ihrer Benefiz-Ausstellung in der Berliner Galerie Diehl sofort helfen.Galerie Diehl/Marcus Schneider

Es gibt Zeiten und Ereignisse, die selbst exponierte Menschen dazu bringen, von sich abzusehen, anderen den Vortritt zu lassen. Putins Krieg gegen das Brudervolk der Ukraine ist so ein Fall. Der Zeichner und Maler Yuri Albert aus Köln, gebürtiger Russe, hält es für unpassend, jetzt auszustellen. Der bekennende Putin-Kritiker, der sich für alle Landsleute schämt, die zum Aggressor Putin halten, verschiebt umstandslos seine lange geplante Soloschau in der Charlottenburger Galerie Diehl und sorgt, zusammen mit dem Galeristen Volker Diehl, dafür, dass sogleich fünf ukrainische Künstler den Platz für ihre Arbeiten bekommen.

Innerhalb von wenigen Tagen füllen nun deren Bilder die Galeriewände. „Five Artists from Ukraine“ heißt die Schau. Sie zeigt abstrakte Arbeiten von Tiberiy Szilvashi, Serge Momot, Serhiy Popov, Constantin Roudeshko und Badri Gubianuri. Vor über sechs Jahren hatte die Gruppe aus jüngeren und älteren Malern schon einmal ausgestellt. Anliegen war es damals, der abstrakten Kunst aus der Ukraine Sichtbarkeit zu verschaffen. Bekanntermaßen dominierte im Lande, auch aus traditionellen Gründen und wegen der starken Nachwirkung der sowjetischen Kunstpolitik, die figurative Kunst. Immer stärker aber war der Drang, nicht nur an die freie Kunst des Westens, sondern ebenso die an die Bildsprache der frühen Avantgarde des 20. Jahrhunderts, an berühmte Wegbereiter der Abstraktion anzuknüpfen. So an die einstiger Landsleute – der gebürtigen Kiewer Kasimir Malewitsch und Alexander Archipenko oder an die des zwar in Moskau geborenen, jedoch in Charkiw aufgewachsenen Kunst-Utopisten Wladimir Tatlin.

Galerist Volker Diehl hatte all die Arbeiten noch im Lager, irgendwie instinktiv, meint er, weil die Ukraine ja seit der Krim-Annexion vor acht Jahren im Krisenzustand ist und der Krieg längst in der Luft lag, seit russische Panzer um die Jahreswende Richtung Grenze zur Ukraine rollten. Der Untertitel der spontanen Schau lautet „Out of the depths“, was ein Kirchenlied des Reformators Martin Luther zitiert: „Aus tiefster Not schrei ich zu Dir, Herr Gott, erhör mein Rufen.“

Denn nun dient das Aufgebot ukrainischer Kunst der Soforthilfe für das von Putins Soldaten heimgesuchte und Not leidende Land. 20 Prozent des Erlöses vom hoffentlich guten Bilderverkauf werden an die Caritas Ukraine gehen, der Rest direkt an die teils nach Berlin oder nach Frankreich geflohenen, teils in ihrer Heimat kämpfenden oder ausharrenden Künstler. Galerist Volker Diel: „Jetzt wird jeder Cent gebraucht!“

Galerie Volker Diehl, Niebuhrstr. 2, bis 22. April, Di.–Fr. 11–18 Uhr oder nach Absprache, Tel. (030) 22 48 79 22