In der Kunst lebt immer etwas weiter: Majla Zeneli bekommt Perthen-Preis
Die Berlinische Galerie verleiht den Christine- Perthen-Preis an die Albanerin Majla Zeneli. Und ehrt damit auch die früh verstorbene Ost-Berliner Stifterin.

Diese Wahl hätte ihr gefallen: eine grafische Symbiose von anspruchsvoller Tradition und raffinierter Moderne. Christine Perthen (1948–2004) – Zeichnerin, Dichterin und Professorin an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee – würde in ihrer unumwundenen Art sagen: „Das ist es, was ich fördern möchte!“ Ganz in ihrem Sinne übergibt der Direktor der Berlinischen Galerie, Thomas Köhler, am Donnerstag den Christine-Perthen-Preis für Grafik (5000 Euro) an die Albanerin Majla Zeneli, geboren 1980 in Tirana.
Die Berlinische Galerie beherbergt als Landesmuseum den künstlerischen und schriftlichen Nachlass von Perthen, verwaltet und betreut zudem deren Vermächtnis – eine Stiftung zur Förderung von grafischer Kunst. Zeneli, die an der Kunstakademie Breslau (Wroclaw) und an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle studierte, lebt inzwischen in Berlin und besticht vor allem mit ihrer hochkomplizierten Mezzotinto-Radier-Technik, einer aufwändigen Schabkunst aus Renaissance und Barock.

Mit dem Preis ist der Ankauf einer Zeneli-Grafik fürs Landesmuseum verbunden, auch das beabsichtigte die früh verstorbene Preisstifterin, die zu den wichtigsten Zeichnerinnen des deutschen Ostens zählte, indem sie, als gebürtige Pirnaerin, die ausschweifende Linienkunst des sächsischen Barock mit der preußischen Strenge und Reduktion im Stil von Schadow und Käthe Kollwitz verband. Die Wahlverwandtschaft Zanelis mit Perthens Bildsprache besteht bei aller Unterschiedlichkeit (von Abstraktion bei der Albanerin und Figürlichkeit bei der Ostdeutschen) auch darin, dass ihre Grafiken und Collagen nichts Gefälliges haben. Sie sind tiefgründig, surreal und voller Intensität.

Perthen war es immer auch um die emotionale Komponente ihrer Blätter gegangen und um den provisorischen Charakter der Techniken, um Natur und Mensch und dessen Shakespeare’sche Dramen. Bloße Abbilder gab es bei ihr nie. Sie fügte hinzu oder reduzierte das Geschaute bis zum Kürzel; so entstanden Symbiosen von Mensch und Natur, oft verhalten dramatisch, die Ruhe im Bild unheilschwanger, schön und gewalttätig zugleich.
Perthens Blätter, für die es wohl an der Zeit ist für eine eigene, dieses einzigartige Papierkunst-Werk aufarbeitende Ausstellung im Landesmuseum, geben sehr verschiedene Blickwinkel auf Realität und Vision, Nähe oder auch Entfremdung. Es gab nichts Spannenderes für diese Zeichnerin als den komplizierten Kreislauf Mensch und Natur, Leben und Tod, Liebe und Hass. Eine Idee, die Majla Zeneli aus Tirana, die der Berlinerin Christine Perthen nie begegnet ist, mit Verve auf ihre moderne abstrakte Weise mit der guten alten Radiernadel weitergezeichnet hat. So lebt in der Kunst über die Zeiten immer etwas weiter.