Unsere Welt ist voller Mimesis. Im antik-philosophischen Sinn bezeichnet der Begriff aber nicht die Kopie, sondern die Nachahmung eine Idee. Berliner Kulturköpfe hatten 1997, in der Euphorie, Weltstadt der Kunst zu werden, den Einfall für eine Lange Nacht der Museen. Die senatseigene Kulturprojekte GmbH wurde zum Organisator. Die Idee zündete und schon bald darauf machte es – so viel zur Mimesis – die halbe Welt nach. Als 2006 die surreale Filmkomödie „Nachts im Museum“ von Shawn Levy mit Ben Stiller zum Kinohit wurde, bekam das Event einen zusätzlichen Popularitäts-Kick.
Fortan zogen zahlreiche Berliner und Touristen immer in der letzten Augustnacht durch 80 Ausstellungshäuser, mit Gesamtticket – auch für den Nahverkehr. Und zwar mit Kind und Kegel, mit Freunden und Kollegen. Mit Gastronomie vor den Tempeln und babylonischer Sprachvermischung in den zuverlässig alle paar Minuten vor den Türen aufwartenden Shuttle-Bussen der BVG.
Hochkultur bei Nacht
Da war dann keine Spur mehr von Schwellenangst. Naserümpfende Hochkulturbeschwörer („Ich geh doch nicht mit so viel drängelnden Menschen zu Nofretete!“) verstummten plötzlich. Und die Kinderprogramme weckten immer Begeisterung. Die Beliebtheit des Kulturevents – es kamen stets mindestens 20.000 Besucher – führte zu dem Experiment, zusätzlich zum August auch noch alljährlich im Januar eine Lange Nacht aufzulegen. Weil das Sauwetter aber meist den Spaß verdarb und die Kosten nicht den Aufwand deckten, ließ der Veranstalter das dann wieder sein.
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Nun wird am 27. August 2022 zur nunmehr 40. Langen Nacht, nach ihrem Start vor 25 Jahren. Nach zwei Sommern Zwangspause wegen der Corona-Pandemie haben Kultur-Nachtschwärmer jetzt wieder die Gelegenheit, die Museumslandschaft bis in die frühen Morgenstunden zu erkunden – neben Kunst und Naturkunde also auch Planetarien und Schlösser, das Futurium am Hauptbahnhof sowie das Humboldt-Forum.
Im Museum Berggruen etwa gibt es zudem eine Tanz-Performance vor den Picasso-Werken zu sehen, im AEG-Tunnel am Humboldthain eine Licht-Sound-Performance. Das neue Samurai-Museum in Mitte bereitet speziell für den Abend entwickelte Theaterstücke aus dem Kanze-Noh-Theater in Tokio und den Auftritt der Trommelgruppe Masa Daiko vor. In der Staatsbibliothek zeigt ein Profi, wie man Comics zeichnet, während man sich in der Berlinischen Galerie auch als totaler Laie mutig im Aktzeichnen versuchen kann.
Und im C/O, Ausstellungshaus für Fotografie, gibt es vor Weltkunst-Fotografie einen keineswegs respektlosen, dafür aber lustigen Wettbewerb im Kaugummi-Blasen. Einige Mitarbeiterinnen haben schon mal geübt.
Alle Infos finden Sie unter: www.lange-nacht-der-museen.de.