Die Eremitage war das Kunst-Tor zur Welt - Putins Krieg verschließt es
Krampfhaft versucht das berühmte Museum in St. Petersburg, sein Image im Westen zu retten.

Eremitage. Ihr Name hat so einen verheißungsvollen Klang wie Louvre, Prado, Uffizien, Tate oder Zwinger. Allesamt Schatzhäuser der Alten Meister. Weltkulturerbe. Zarin Katharina die Große gründete die Eremitage 1764. Ganz im Sinne von Peter dem Großen holte die Mäzenin Künstler und Wissenschaftler aus Europas Kunstzentren nach Sankt Petersburg. Immer mehr Werke aus Westeuropa gelangten in die Sammlungen.
So wurde die Eremitage Russlands Kunst-Tor zur Welt, es stand für die kulturelle Anbindung an Europa. Die Sprösslinge europäischer Herrscher gaben sich auf ihren Kavalierstouren in der Privatsammlung der Zarin die Klinke in die Hand. Seit dem 19. Jahrhundert prosperierte der Petersburger Kulturaustausch, die ersten Kunst-Transfers der Malerei der Romantik, später des Impressionismus. Staatsmänner besuchten die überwältigenden Bildersäle. Das gute Verhältnis zu namhaftesten Museen und Sammlungen des Westens wurde zwar unterbrochen von Napoleon und im 20. Jahrhundert von zwei verheerenden Weltkriegen auch gegen Russland und die Sowjetunion. Selbst nach 1945, im Kalten Krieg, pflegte die Eremitage Westkontakte. Seit 1990 schien das vollends unumkehrbar. West-Touristen strömten an die Newa.
Doch mit Putins Krieg gegen die Ukraine ist das Kultur-Tor politisch verrammelt. Als Reaktion auf westliche Sanktionen forderte der Kreml Leihgaben zurück. So peinlich es Michail Piotrowski, dem weltbürgerlichen Eremitage-Direktor und zugleich Putin-Günstling auch sein mochte, musste er vor Tagen italienische Museen zur Rückgabe auffordern. Im Palazzo Reale in Mailand eröffnete unlängst eine Tizian-Schau mit Bildern aus der Eremitage. In der mailändischen Gallerie d’Italia läuft eine Ausstellung über die Grand Tour, die Ankäufe der Zarin aus Italien. Und in Rom hängt in der Fondazione Alda Fendi ein Picasso-Bild aus Petersburg.
Italienische Medien schrieben sofort vom Kriegszustand, der nun auch die Kunst erreicht habe. Das Wort Krieg aber steht im Kreml-Sprachgebrauch auf dem Index. Nun lenken die Kultur-Natschalniks ein: Tizian und Picasso können in Milano bleiben. Vorerst. Ein bisschen Image-Rettung? Vielleicht. Denn der Chef der italienischen Kunstsektion der Eremitage ist der Italiener Maurizio Cecconi.