„Dieser Zug fährt nicht nach Auschwitz“: Deutsche Bahn lässt Bild abhängen
Ein Bild der jüdischen Künstlerin Yohana Hirschfeld wurde am Hamburger Hauptbahnhof entfernt. Ein S-Bahn-Mitarbeiter hielt es möglicherweise für rechtsradikal.

Erst hatte die Deutsche Bahn es genehmigt, dann wurde das Banner vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt: Ein Bild, mit dem die Künstlerin Yohana Hirschfeld den „jüdischen Blick“ auf deutsche Bahnhöfe vor dem Hintergrund des Holocausts zeigen will.
Das erst in der Nacht zum vergangenen Freitag aufgehängte Bild mit einem Aquarell Hirschfelds sei nach wenigen Stunden wieder abgehängt worden, sagte die Künstlerin am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte das Hamburger Abendblatt darüber berichtet.
Das Bild aus einer Graphic Novel der Künstlerin zeigt zwei Frauen. Eine von ihnen sagt in einer Sprechblase: „This train isn't going to Auschwitz“ („Dieser Zug fährt nicht nach Auschwitz“), die andere antwortet: „Not anymore“ („Nicht mehr“). Das Bild wurde als Teil einer Aktion der Jüdischen Gemeinde Hamburg im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ aufgehängt.
„Die linke Figur stellt eine enge Freundin meiner Familie dar, die selbst als Kind das Konzentrationslager in Majdanek überlebt hatte und auf dem Transport nach Auschwitz von der Roten Armee befreit wurde“, erklärt die Hamburger Künstlerin Yohana R. Hirschfeld, die selbst Jüdin ist, der Hamburger Morgenpost. „Das Bild ist eine Verdichtung unserer Gespräche, wenn sie uns hier besucht hat.“ Die Botschaft habe sich vor allem an Passanten gerichtet und sollte verdeutlichen, mit welchen Erinnerungen Juden in Zusammenhang mit Zügen in Richtung Osten konfrontiert seien.
Ein Bahn-Sprecher bedauerte den Vorfall
Auf die Entfernung des Banners reagierte Hirschfeld schockiert, wie die Hamburger Morgenpost berichtet: „Wir wussten von nichts und uns war der Grund völlig unklar.“ Später habe sie erfahren, dass ein Mitarbeiter der S-Bahn das Werk für eine rechtsradikale Aktion gehalten und die Entfernung veranlasst habe. Die Künstlerin und einer der Techniker wurden sogar angezeigt – allerdings wegen Sachbeschädigung, weil das Banner im Mauerwerk befestigt war. Die Bundespolizei stellte das Kunstwerk als Beweismittel sicher.
Ein Bahn-Sprecher bedauerte den Vorfall. „Bedauerlicherweise gab es bei uns einen Fehler in der internen Kommunikationskette, was dazu geführt hat, dass das Kunstwerk – obwohl genehmigt – abgenommen wurde“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Wir haben umgehend mit der Künstlerin Yohana Hirschfeld persönlich gesprochen und um Entschuldigung gebeten.“ Das Bild solle so schnell wie möglich wieder aufgehängt werden.
Die Bundespolizei habe ihr mitgeteilt, dass die S-Bahn-Leitung zunächst Strafanzeige wegen Sachbeschädigung gestellt habe, weshalb das Bild abgehängt worden sei, sagte Hirschfeld. Die Anzeige sei nun aber vom Tisch. „Es gab jemanden bei der S-Bahn, der das nicht gut fand.“ Die Bahn äußerte sich dazu nicht.