Documenta-Streit: Strafanzeigen gegen Kunstwerke erstattet
Der Kasseler OB wehrt sich gegen Roths Vorstoß, den Bund in die Documenta-Planung einzubeziehen. Zudem wurden Strafanzeigen gegen Kunstwerke erstattet.

Kassel will die Kunstausstellung Documenta 15 im Zweifel auch ohne Bundesmittel finanzieren. „Der Stadt Kassel ist es nicht nur finanziell möglich, sondern insbesondere vor dem Hintergrund der Bedeutung der Documenta für unsere Stadt und Stadtgesellschaft auch ideell möglich, die Verantwortung für diese herausragende Veranstaltung auch ohne Beteiligung aus der Bundeshauptstadt zu tragen“, schrieb Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) an Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Der Brief liegt der dpa vor.
Zuvor hatte Roth als Konsequenz aus der Antisemitismus-Diskussion um die Documenta Änderungen in der Struktur der Kunstausstellung gefordert. Im Kern will der Bund mehr Einfluss. Roth sieht den Rückzug des Bundes aus dem Aufsichtsrat 2018 – bei gleichzeitigem Festhalten an der Bundesförderung – als „schweren Fehler“. Das soll sich jetzt wieder ändern. Eine finanzielle Förderung des Bundes solle deshalb zukünftig „mit einer unmittelbaren Einbindung in die Strukturen der Documenta zwingend verbunden werden“.
Geselle zeigte sich in seinem Brief „stark irritiert“ vom Verhalten Roths. Weder Stadt noch Documenta-Gesellschaft seien „im Vorfeld mündlich persönlich noch schriftlich über Ihre Ideen kontaktiert“ worden. Dies stehe „der notwendigen Seriosität und Ernsthaftigkeit“ entgegen.
Auch in seinem Schreiben verwies Geselle darauf, dass die Bundeskulturstiftung ihr Vorschlagsrecht für zwei Sitze im Aufsichtsrat seit 2018 nicht wahrnehme. Es wäre den von der Stiftung benannten Vertretern jederzeit möglich gewesen, vor der Documenta 15 Kontrollfunktionen wahrzunehmen. „Dies natürlich erst recht, nachdem Sie nach Ihrer Ernennung zur Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sich bereits Ende Januar 2022 zum Thema mögliche Antisemitismusvorwürfe und Documenta fifteen geäußert haben“, schrieb Geselle an Roth.
Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht
Die Staatsanwaltschaft Kassel prüft zudem nun, ob bei einzelnen Kunstwerken auf der Documenta der Anfangsverdacht eines strafbaren Verhaltens vorliegt. Die Prüfung beziehe sich auf das Werk „People’s Justice“ des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi und die Bilderserie „Guernica Gaza“ des palästinensischen Künstlers Mohammed Al Hawajri, teilte der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, Andreas Poppe, am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit.
Die Staatsanwaltschaft sei nach der Medienberichterstattung über den Antisemitismus-Eklat von Amts wegen aktiv geworden, sagte Poppe. Inzwischen seien auch mehrere Strafanzeigen bei Polizei und Staatsanwaltschaft eingegangen. Sie richteten sich unter anderem gegen die Künstler und mehrere Verantwortliche der Documenta. Auf der Kasseler Kunstschau waren auf einem riesigen Wimmelbild der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi antisemitische Darstellungen entdeckt worden. Nach öffentlichen Protesten wurde das Bild „People’s Justice“ entfernt.