Pünktlich zum Frauentag: Vergessene Künstlerinnen im Kupferstichkabinett

Eine Ausstellung erinnert an die oftmals übersehenen italienischen Vorreiterinnen der europäischen Kunstgeschichte. Dazu gibt es einen Aktionstag zum 08. März.

Links: Maria de’ Medici, „Selbstbildnis?“, 1587, Holzschnitt. Rechts: Rosalba Carriera, „Selbstbildnis“, 1708.
Links: Maria de’ Medici, „Selbstbildnis?“, 1587, Holzschnitt. Rechts: Rosalba Carriera, „Selbstbildnis“, 1708.SMB/Kupferstichkabinett / Dietmar Katz/bpk / Kupferstichkabinett

Lag es am südlichen Temperament, am größeren Durchsetzungsvermögen, dass es in der italienischen Kunst der Altmeisterzeit mehr weibliche Kunst gab als etwa in Deutschland? Die so feine wie erhellende Ausstellung „Frauen in der italienischen Kunstwelt 1400–1800“ jedenfalls erweckt den Eindruck, dass kreative Frauen sich bereits seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr nur mit Küche, Kindern, Kirche begnügten, sondern immer öfter privaten Unterricht in Malerei und Grafik nahmen, ihre Bilder zeigten und durch intensive Korrespondenzen Netzwerke knüpften.

Mindestens 90 Zeichnungen, Radierungen und Holzschnitte erzählen an den Wänden des Kabinetts vom Werk und Leben starker Italienerinnen, die sich aus dem Schatten der Männerkunst lösten, darunter Artemisia Gentileschi, Rosalba Carriera, Elisabetta Sirani, Diana Mantovana, Isabella d’Este. Ihre Blätter, ihre Schicksale und ihr Einfluss auf die Kunstwelt ihrer Zeit sind heute weitestgehend vergessen. Dabei wirkten sie als Vorbilder für Künstlerinnen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wie etwa Käthe Kollwitz oder Lotte Laserstein. Vorbilder, als ihnen erst im Jahr nach der Revolution 1918 gestattet war, staatliche Kunstschulen zu besuchen.

Die Vergesslichkeit des modernen Kunstbetriebs in Bezug auf diese Vorreiterinnen der Emanzipation nehmen Dagmar Korbacher, Direktorin des Kupferstichkabinetts, ihr Team und das Jugendgremium der Staatlichen Museen nun zum Anlass dieser Ausstellung. Verbunden wird die Schau mit einem Aktionstag am 08. März. Bei freiem Eintritt.

Teresa del Pó, „Der Heilige Sebastian“, um 1684, Radierung. 
Teresa del Pó, „Der Heilige Sebastian“, um 1684, Radierung. Dietmar Katz/Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

Nicht wenige dieser Künstlerinnen hatten ihren malenden Ehemännern als Modell gedient und, wenn vermögend, selbst Kunst gesammelt. Maria de’ Medici, aus dem Geschlecht der berühmten Florentiner Mäzene, schnitt ihr Selbstbildnis in Holz – es zeigt eine bemerkenswerte Frau mit energischen Zügen. Noch dazu in einer Zeit, in der Frauen in erster Linie weich und lieblich auszusehen hatten. Und die Römerin Teresa del Pó radierte um 1684 einen androgynen „Heiligen Sebastian“. Sie wurde Mitglied der Accademia di San Luca.

Die Venezianerin Rosalba Carriera, von ihrem Vater entdeckt und gefördert, schaut uns im „Selbstbildnis“ von 1708 als eigensinniges Wesen mit wirrem Haar an. Die berühmteste unter den Ausgestellten, Artemisia Gentileschi, hat genau das erlebt, was in den letzten Jahren durch #MeToo problematisiert wurde. Als junge Frau wurde sie von ihrem Kunstlehrer vergewaltigt. Sie rächte sich später, in Florenz anerkannt, mit dem weltberühmten Bild „Judith enthauptet Holofernes“.

Elisabetta Sirani, „Hl. Familie mit Elisabeth und Johannesknabe, Hl. Joseph im Hintergrund“, um
1655–1665, Radierung. 
Elisabetta Sirani, „Hl. Familie mit Elisabeth und Johannesknabe, Hl. Joseph im Hintergrund“, um1655–1665, Radierung. Dietmar Katz/Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

Kupferstichkabinett, Kulturforum, bis 4. Juni, Di–Fr 10–18 Uhr, Sa + So 11–18 Uhr. Aktionstag am 8. März, 14–17.30 Uhr mit offenen Workshops zum Thema Selbstbildnis, 16 Uhr Podiumsgespräch mit Frauen der Berliner Kunstszene.