Hannah Höch und Josephine Baker kommen in die Giardini

Die 59. Kunstbiennale in den venezianischen Pavillons überrascht ab Ende April mit nie dagewesener Frauenpower.

Neoklassizismus, wie er im Buche steht: Der 1909 von Daniele Donghi entworfene, 1938 von den Nazis  „germanisch“ umgebaute Deutsche Pavillon in den Gärten von Venedig.
Neoklassizismus, wie er im Buche steht: Der 1909 von Daniele Donghi entworfene, 1938 von den Nazis „germanisch“ umgebaute Deutsche Pavillon in den Gärten von Venedig.dpa/Felix Hörhager

Das hätten sie sich nie träumen lassen: Nicht Hannah Höch, die Berliner Dadaistin. Auch nicht Josephine Baker, die schwarze amerikanisch-französische Tänzerin. Ebenso wenig Sonia Delaunay, die Pariser Malerin des orphistischen Kubismus. Die Avantgardistinnen der frühen Moderne, ihr Wirken in der Kunstgeschichte und im Feminismus spielen demnächst eine wichtige Rolle auf der 59. Kunstbiennale Venedig.

Die traditionelle Weltausstellung der Kunst beginnt am 23. April in den 80 Länderpavillons und dem Zentralen Pavillon in den Giardini sowie in den pittoresken Arsenalen. Und das Publikum darf mit nie dagewesener Frauenpower rechnen. Die Mehrheit der eingeladenen Künstlerschaft nämlich ist weiblich. Und Höch, Baker, Delaunay sind im Rückblick auch dabei. Das gehört zu den Überraschungen, die die Biennale-Kuratorin Cecilia Alemani dieser Tage mitsamt Konzept und Künstlerliste in Venedig bekannt gab.

Katalysatoren für aktuelle Diskurse

Allein für die Hauptschau sind es 213 Eingeladene aus 58 Ländern. 180 von ihnen nehmen zum ersten Mal an der internationalen Kunstausstellung teil. Angekündigt sind insgesamt 1433 Kunstwerke. Erstmals dabei sind Länder wie Kamerun, Namibia, Nepal, Oman und Uganda. Und Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan treten erstmals mit eigenen Pavillons auf. Alemani bezeichnet Poesie, Technik, Ökologie und Feminismus als die „untergründigen Leitthemen“ der Hauptausstellung. Sie nennt sie Katalysatoren für aktuelle Diskurse.

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Auf den Namenslisten sind weibliche Positionen aus den Hitlisten der Gegenwartkunst zu finden, so Nan Goldin, Rosemarie Trockel und Barbara Kruger. Ins Licht der Weltkunst rückt ebenso die Arbeit der jungen Kongolesin Sandra Mujinga. Sie gewann 2021 den Preis der Nationalgalerie Berlin und entspricht mit ihrer Bildsprache ganz dem Credo dieser 59. Biennale.

Es soll um die Schöpfung gehen, um Körperlichkeit und Wandel, um das Verhältnis von Individuum und Technologie, um ökologische und soziale Probleme. Den von Yilmaz Dziewior kuratierten deutschen Pavillon bespielt die Berlinerin Maria Eichhorn. Es dürfte der Künstlerin mit rumänischen Wurzeln abermals um ihr Wirken gegen fortgesetztes Unrecht gehen. Auf der letzten Documenta begann sie die Aktion – einen 100-Tage-Call für Recherche und Aufklärung über in Deutschland befindliches Raubgut der Nazis aus jüdischem Besitz.