Künstler verurteilt: Hinter Gitter „im Namen des kubanischen Volkes“
Im sozialistischen Karibikstaat muss der Bildende Künstler Luis Manuel Otero Alcántara für fünf Jahre hinter Gitter. Noch härter trifft es den Rapper El Osorbo.

Hätte er sich schmiegsam angepasst und sozialistisch realistische Bildwerke oder solche mit allgemeiner Aussage für Frieden, Glück, Kapitalismus- und Kolonialzeit-Kritik gemacht, bekäme Luis Manuel Otero Alcántara Staatsaufträge und dürfte wohl in Museen und Galerien des Westens ausstellen wie einige andere geförderte und hochdekorierte kubanische Bildkünstler. Als Beweis der kubanischen Kunstfreiheit.
Nun kam die Nachricht, dass der junge Aktionskünstler und Kopf der regimekritischen Künstlerbewegung San Isidro für fünf Jahre hinter Gitter muss. Grund der Anklage und des Urteils des Obersten Gerichts in Havanna ist unter anderem ein Medienkunstwerk, in dem Alcántara mit der Nationalflagge hantiert und in ironisch-drastischer Weise Kritik übt an den undemokratischen Verhältnissen auf der Karibikinsel, an Demagogie, Unfreiheit, Schwulenverfolgung, Mangelwirtschaft und Korruption. Schon seit 2021 in U-Haft, war er aus Protest in einen lebensbedrohlichen Hunger- und Durst-Streik getreten, woraufhin es zur Zwangseinweisung in ein Hospital kam. Darüber verhängten die Behörden eine Nachrichtensperre.
Lange Haftstrafen für Demonstranten
Die Anklage und das am Sonnabend bekannt gewordene Urteil lautet, der Künstler habe „das Nationalgefühl des kubanischen Volkes und dessen Stolz auf die Flagge herabgewürdigt“. Nach Massenprotesten für Freiheit sowie gegen Repression und Misswirtschaft in mehreren kubanischen Städten am 11. Juli 2021 waren über 1400 Demonstrantinnen und Demonstranten festgenommen worden. Etwa 300 von ihnen erhielten inzwischen Haftstrafen von bis zu 25 Jahren. Otero Alcántara wurde just in dem Moment festgenommen, da er sich diesen Protesten anschloss. Abermals erklärte Amnesty International den Künstler zu einem „Gewissensgefangenen“ und schon nach der Verhaftung letzten Jahres listete das Time Magazin ihn unter den 100 einflussreichsten Künstlern der Welt. Das von ihm 2018 mitgegründete San Isidro Movement stellt sich mit Aktionen gegen ein Gesetz, dass die Kunstfreiheit beschneidet, Kritik kriminalisiert und den gesellschaftlichen Wandel fordert.

Den kubanischen Rapper El Osorbo trifft es noch härter. Er kommt neun Jahre hinter Gitter, weil er 2021 an dem regierungskritischen Lied „Patria y Vida“, genannt auch die „Hymne der Protestbewegung“, gegen das diktatorische Regime beteiligt war, das im November mit dem Latin Grammy als Song des Jahres ausgezeichnet wurde. Er habe, so das Urteil, höchste Autoritäten des Landes beleidigt, die Rolle der Ordnungshüter verunglimpft. Dies habe „das soziale Zusammenleben gefährdet“.