Einsatz Ost beendet: Museumsleiter Frédéric Bußmann kehrt Chemnitz den Rücken

Zwei Jahre vor dem Europäischen Kulturhauptstadt-Jahr entscheidet sich der junge Museumsmann lieber für Karlsruhe.

Frédéric Bußmann in einem Bildersaal der Kunstsammlungen Chemnitz.
Frédéric Bußmann in einem Bildersaal der Kunstsammlungen Chemnitz.dpa

Er war Deutschlands jüngster Museumsgeneral. 2018 trat der in Frankreich geborene, in Münster aufgewachsene Kunsthistoriker Frédéric Bußmann in die großen Fußstapfen der aus dem Schwabenland stammenden Ingrid Mössinger. Sie hatte seit den Neunzigerjahren als Generaldirektorin der Kunstsammlungen Chemnitz die Sammlungen entstaubt, deren besonderen Wert entdeckt und mit Kunst aus Sachsen, aus Ostdeutschland – und bis zu ihrer Pensionierung weit übers Rentenalter hinaus mit der ganzen Welt besuchermagnetisch verbunden. Dass das harte, raue Chemnitz nicht nur wegen seiner Technischen Universität, sondern auch wegen der Kunst-Orte als „Stadt der Moderne“ gilt, war auch das zäh, geduldig und mit Charme errungene Meisterwerk dieser Frau aus dem deutschen Westen im so langen wie enthusiastischen „Kunsteinsatz Ost“.

Allzu rasches Ende

Bußmann, zuvor Kurator am Leipziger Kunstmuseum und vertraut mit der Gegenwartskunst, galt  den Chemnitzer Stadtvätern und -müttern als Hoffnungsträger. Umso mehr, als das einstige Sächsische Manchester und die zu DDR-Zeiten sozialistische Karl-Marx-Stadt zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 gekürt wurde und diese Wahl auch den Ehrgeiz der ganzen regionalen Kunstszene weckte, zudem Kunstschaffende von überallher anzieht. Was für ein Kunstlabor, welch eine Spielwiese für die Kunstsammlungen am Theaterplatz, im Expressionisten-Museum Gunzenhauser und in allen dazugehörigen Häusern.

Gerade schlug die Nachricht ein wie der Blitz: Der inzwischen 48-jährige Bußmann kehrt Chemnitz den Rücken. Er wird schon am 1. August neuer Chef der gerade im Umbau begriffenen Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe mit deren großen modernen und historischen Sammlungen. Er folgt der in den Ruhestand gehende Pia Müller-Tamm, die das Haus seit 2014 geführt hat.

Bußmann beendet den „Kunsteinsatz Ost“ allzu rasch. Er betont zwar, seine Entscheidung habe „gar nichts“ mit Chemnitz zu tun, sondern mit der Herausforderung, dem Reiz der neuen Aufgabe. Dennoch keimt da der Verdacht, dass er sich in Chemnitz nicht mehr gut gefühlt haben könnte. Kühl, fast lakonisch klingt das Statement aus dem Rathaus, derartige Amtswechsel seien halt „üblich im Kunstbetrieb“. Da es noch keine Idee für die Nachfolge gibt, hören sich Sätze wie Reisende solle man „nicht aufhalten“ komisch an. Gab es Konflikte bei der Vorbereitung des Kulturhauptstadt-Jahres?

Darüber kein Wort. Freilich liegt nahe, dass Bußmanns Unbehagen in Chemnitz seit letztem Jahr Nahrung bekam, er sich eine kultiviertere Wahlheimat wünschte: Er war nach einer Ausstellungseröffnung im Museum spätabends auf dem Heimweg in einem Park von radikalen Jugendlichen zusammengeschlagen worden. Danach hat er sich vielfach öffentlich über die vernachlässigte Bildung und Erziehung der Jugendlichen geäußert. Dafür gab es auch Bashing.