Fast traute ich meinen Augen nicht. Vor wenigen Tagen stand eine unscheinbare Anzeige in der Berliner Zeitung unter der Rubrik: Ankäufe-Verkäufe. Aus einer schwedischen Privatsammlung wird ein Gemälde von Lotte Laserstein von 1936 angeboten. Ausgerechnet unter Kleinanzeigen. Die Bilder aus dieser Zeit der 1937 nach Schweden emigrierten, nie zurückgekehrten Jüdin und emanzipierten Vertreterin der „Neuen Frau“ in der Weimarer Republik stehen heute hoch im Kurs. Seit Jahren gilt diese Figuren-Malerin der Verschollenen Generation (1898–1993) als große Wiederentdeckung. Und dann so rätselhaft annonciert?
Schon vier ihrer Hauptwerke kehrten in den letzten zehn Jahren zurück. Die Nationalgalerie bekam 2010 durch Sponsoren, vor allem die Ernst von Siemens-Stiftung, das Zäsur-Motiv „Abend über Potsdam“ von 1930, das die NS-Katastrophe ankündigt. 2017 ermöglichten drei Stiftungen den Ankauf eines weiblichen Rückenaktes fürs Schwule Museum Berlin. 2019 gelang der Berlinischen Galerie über ihren Förderkreis der Erwerb der „Frau mit roter Baskenmütze“, 1931. Und seit letzten Herbst nennt das Potsdam Museum die Reminiszenz „Selbstporträt vor Abend über Potsdam“ von 1950 sein Eigen, ermöglicht von der Siemens-Kunststiftung.
Bei der Recherche fällt auf, dass zumeist der einstige schwedische Galerist Mikhael Amnell vermittelte. Er arbeitet heute für Swedish Chamber of Commerce, und die Anzeige schaltete er, wie er am Telefon sagt, im Auftrag einer schwedischen Familie, die noch mehr Laserstein-Arbeiten besitzt. Mitten in der Corona-Krise wollen diese Leute es subtil angehen und zunächst zwei weibliche Porträtstudien aus dem Jahr 1936 verkaufen. Bevorzugt nach Berlin, der einstigen Heimat Lasersteins. Darum diese bescheidene Annonce.