Berliner Schnauze: Schlümpfe machen ordentlich Rabatz
Das hat gerade noch gefehlt: „Atzeschlumpf markiert den Starken“ – die Schlümpfe sprechen jetzt auch auf Berlinerisch.

Berlin-Politik ist das Geben und Brechen von Versprechen. Wenn das einigermaßen gut läuft, kommen dabei vernünftige Kompromisse heraus, wenn nicht, dann folgen zumeist Betrug und Gewalt. In etwa so lässt sich die Botschaft des 1964 (dt. 1969) erschienenen Comics „Schlumpfissimus“ zusammenfassen, in dem sich die gar nicht so harmlosen Blaulinge an einem demokratischen Großexperiment versuchen. Und fürchterlich scheitern.
Die Sehnsucht nach dem guten weisen Führer
Das Thema ist von unverminderter Aktualität. Weshalb wir uns jetzt über eine Neuauflage freuen können, deren Besonderheit allerdings darin besteht, dass sie in „Berliner Schnauze“ gehalten ist, also die hiesige Mundart pflegt. Kein ganz neues Unterfangen, die Schlümpfe brabbelten in anderen Abenteuern sogar schon „uff Hessisch“ und „af Bairisch“ – auch wurden schon Asterix- und Donald-Geschichten bereits auf Berlinerisch veröffentlicht.

Übersetzung: Valentina Congiu, Sascha Ehlert.
Splitter-Verlag, Bielefeld 2021.
64 Seiten, 13,95 Euro.
Das klingt in dem jetzt vorliegenden Schlumpf-Comic auf seine rustikale Weise dann so: „Am Rande der Hauptstadt leben die Schlümpfe und pflejen natürlich ooch ihre Berlina Schnauze. Als Vadder Schlumpf für einije Zeit aus’m Dorf muss, weeß nun keen Schlumpf mehr, wer dit Sajen hat. Doch da kommt Atzeschlumpf und beeenflusst die andan Schlümpfe, dass se ihmchen in eener demokratischen Wahl zu ihrn Obamima machen. Ob dit wirklich jut jeht?“
Es geht bekanntlich nicht gut. Zwar hat Atzeschlumpf das durch die Abwesenheit von Papa Schlumpf entstandene Machtvakuum klug genutzt und sich mit falschen Wahlversprechen zum Anführer wählen lassen, doch kaum ist er an der Macht, wandelt er sich zum Tyrannen. Einige Schlümpfe revoltieren; die dadurch entstandene Schlacht im Schlumpfdorf wird vom zurückgekehrten Papa Schlumpf mit einem Machtwort beendet.

Das ist selbstverständlich keine Sternstunde der Demokratie, sondern der Rückfall ins paternalistische Dorfleben von ehedem: Die schlumpfige Sehnsucht nach dem guten und weisen, eben väterlichen Führer kann für Berliner keine Perspektive sein. Gleichwohl bereitet der von Valentina Congiu und Sascha Ehlert wunderbar übertragene Comic ein kurzweiliges Lesevergnügen. Nennen wir es mal ein Weihnachtsgeschenk für die, die schon alles haben.