Nikola Richter, was macht mikrotext bei den Kleinen Verlagen am Großen Wannsee?

Sie bringt zum Beispiel Ruth Herzberg mit. Im Garten des Literarischen Colloquiums Berlin zeigen am Sonnabend 40 Verlage ihre Bücher. Lesungen gibt es auch.

Nikola Richter, die Verlegerin von mikrotext.
Nikola Richter, die Verlegerin von mikrotext.Birgit Bllinger

Nach der Corona-Pause treffen sich am Sonnabend wieder die Kleinen Verlage am Großen Wannsee zu einer Freiluftmesse mit Lesungen. Mit dabei ist auch ein Berliner Verlag, der das Kleine schon im Titel trägt: Der 2013 gegründete Verlag mikrotext. Die Bücherfrage der Woche geht an die Verlegerin Nikola Richter: Wie groß wird Ihr Auftritt am Wannsee, welche Bücher bringen Sie mit?

Ich bringe zum Beispiel den neuen Roman von Ruth Herzberg mit, „Die aktuelle Situation“. Die Autorin war ja auch Kolumnistin der Berliner Zeitung. Ihr erstes Buch bei mikrotext, „Wie man mit einem Mann unglücklich wird“, war sehr erfolgreich. Nun erzählt sie mit ihrem von vielen geliebten Humor und Scharfsinn von einer alleinerziehenden Mutter in einer Gegenwart der Krise, deren Vorzeichen sich immer wieder ändern. Außerdem habe ich neue Gedichte von Yevgeniy Breyger dabei, einem Frankfurter Autor, der mit zehn Jahren von Charkiw nach Deutschland kam. Kryptopoeme nennt er seine Arbeiten, sie sind auf steinartige Flächen gesetzt und sehen in dem kleinen Format A6 aus, als wären sie Lebewesen.

Jedes Jahr vier neue Bücher

Auch das Programm eines Verlags wie mikrotext, der das Kleine im Titel trägt, wird immer größer. Ich habe alle Jahre trotz Corona vier Bücher pro Jahr gemacht sowie einige digitale Titel. Im August kommt ein neues E-Book der Dresdener Autorin Undine Materni. Letztes Jahr erschien „Friedas Himmelfahrt“ über eine Großmutter, das neue erzählt von einer Frau, die in der Nachkriegszeit Mutter in der DDR war, „Wieder ein Tag ohne Krieg“. Ich hoffe, dass daraus eine Trilogie mit Frauenfiguren entsteht. Die E-Books kann ich natürlich nicht ausstellen, dafür muss man auf meiner Webseite stöbern.

Ich habe ja 2013 als Verlegerin mit digitalen Originalen angefangen, was manche etwas befremdlich fanden. Aber diese Texte sollten immer auch gedruckt werden, wenn sie erfolgreich sind. So war das von Beginn an, schon mit „Der klügste Mensch im Facebook“ von Aboud Saeed 2013. Hinzu kommt, dass manche Texte zu kurz sind, um gedruckt und gebunden zu werden. Texte zur Zeit, Essays, Kurzgeschichten, zum Beispiel von Alexander Kluge oder Sarah Khan, die ich auch publiziert habe, sind einfach gut elektronisch zu lesen.

Wir Verleger sind ansprechbar

Ich bin mir sicher, dass das E-Book künftig eine viel größere Rolle spielen wird. Der Papiermangel beschäftigt die Branche jetzt, die Strompreise steigen. Viele Leserinnen und Leser in Deutschland sind noch in einer Blockadehaltung – oder Unwissenheit? – gefangen, aber auch sie werden zukünftig die Vorteile von digitalen Büchern erkennen, unter anderem erfordern sie weniger Regalplatz, weniger Schlepperei, sind günstiger zu haben. Einfach mal ausprobieren!

Ich freue mich auf das Fest am Wannsee mit den Kollegen von fast 40 Verlagen. Klein bedeutet in diesem Falle auch: zugänglich zu sein und ansprechbar: Bei dieser Messe stehen wir Verlegerinnen und Verleger selbst am Stand. Und das Publikum sieht die gesamte Vielfalt an Büchern, die sich die Unabhängigen trauen.

Kleine Verlage am Großen Wannsee. Sonnabend 9.7. ab 14 Uhr, Literarisches Colloquium Berlin, Am Sandwerder 5. Um 19.30 Uhr liest Aboud Saeed. Das Leseprogramm mit halbstündigen Slots startet um 14.30 Uhr.