Sabine Ludwig, warum zaubert Ihre Miss Braitwhistle immer wieder in der Schule?

Die Berlinerin Sabine Ludwig hat „Die schrecklichsten Mütter der Welt“ beschrieben und den „7. Sonntag im August“ erfunden. Von einer Figur kommt sie nicht los.

Die Schriftstellerin Sabine Ludwig
Die Schriftstellerin Sabine LudwigBerliner Zeitung/Paulus Ponizak

In Berlin sind Schulferien, aber viele Kinder werden sich jetzt darum drängeln, mehr von einer Schule zu erfahren. Denn gerade ist der sechste Band um die abenteuerlich-komische „Miss Braitwhistle“ und die Klasse 4a-wie-Albtraum erschienen. Die Bücherfrage der Woche richtet sich an die Autorin Sabine Ludwig: Was ist für Sie am Erzählen aus dem Schulalltag so reizvoll?

Sabine Ludwig: Lehrerin war mein erster Beruf. Vielleicht ist es ja die Rache, dass man mich da hat nur kurz sein lassen, dass ich nun immer wieder zurückkehre. Im Ernst: Schulen sind sehr ergiebig. Als Kinderbuchautorin bin ich häufig in Schulen zu Gast. Da erlebe ich lustige, verrückte, auch unangenehme Dinge. Ohne sie hätte ich „Miss Braitwhistle“ nicht schreiben können. Ich habe übrigens mit keinem meiner Bücher so viele sympathische Lehrerinnen kennengelernt. Eine schrieb mir sogar, ihre Klasse hätte sie im Verdacht, dass sie die Bücher unter Pseudonym verfasse.

Bei Miss Braitwhistle gebe ich offen zu, dass ich Anleihen bei meiner Lieblingskinderbuchfigur Mary Poppins genommen habe. Mir gefällt ihre stoische Ruhe und auch, dass man nicht wirklich weiß, ob sie zaubern kann oder ob die Kinder sich diese Dinge nur einbilden. Mit diesen Momenten spiele ich auch. Einfach so herumzuzaubern, finde ich ziemlich langweilig.

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Nach dem ersten Buch vor mittlerweile elf Jahren war keine Fortsetzung geplant. Doch ich bekam so viele Mails von Schulklassen, die forderten, dass Miss Braitwhistle zurückkommt. Mit dem dritten Band glaubte ich die Sache wirklich beendet, denn der schließt mit den Zeugnissen für die 4a. Anders als in Berlin gehen ja im Rest Deutschlands die Kinder nach der 4. getrennte Wege. Ich hatte wieder nicht mit den Lesern gerechnet, also habe ich ein Klassentreffen erfunden und rückblickend von den Peinlichkeiten einer Klassenfahrt erzählen lassen.

Und dann kam Corona, und unvorstellbar viele Schüler in Deutschland haben sich in dieser Zeit meine Bücher vorgenommen. Schon ihnen zuliebe musste ich noch einen Band schreiben, nun rund um eine Projektwoche. Denn es ist ja ein großes Glück, solche Reaktionen zu erleben. Zuletzt bekam ich einen Brief mit dem Vorschlag, dass Miss Braitwhistle mit einem Diamanten zu Putin geht und ihn davon überzeugt, den anzunehmen und den Krieg aufzugeben.

Sabine Ludwig: Miss Braitwhistle startet durch. Dressler, Hamburg 2022. 208 Seiten, 15 Euro