Daniela Dröscher: Schwimmen und schreiben haben etwas gemeinsam
Das Sportmuseum Berlin lud Schriftstellerinnen ein. Daniela Dröscher entdeckte dort zum Beispiel, dass man Frauen einst vom Wasser fernhalten wollte.

Das Vorurteil, Schriftsteller seien Stubenhocker, ist längst entkräftet: durch die Kanutin Marieluise Fleißer, Läufer wie Haruki Murakami und die Autoren-Fußballnationalmannschaft. Das Sportmuseum Berlin hat vier Autorinnen und zwei Autoren eingeladen, sich von der Sportgeschichte literarisch inspirieren zu lassen. Am Dienstag stellen sie im LCB ihre Ergebnisse vor. Mit dabei ist Daniela Dröscher, die zuletzt den Roman „Lügen über meine Mutter“ veröffentlichte, der auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand. Die Bücherfrage geht an sie: Welches Sportereignis brachte Sie ins Erzählen?
Daniela Dröscher: Kein Ereignis, sondern eine Sportart: das Schwimmen. „Wer ertrinkt, ist selber schuld“, heißt mein Text. Das Schwimmen ist mir eigentlich sehr fremd. Ich war lange im Leichtathletik-Verein, ich habe fünf Jahre Handball gespielt und mache Yoga. Doch bei diesem Projekt zog mich das Schwimmbecken an: Wenn man am Olympia-Gelände auf die Freitreppe am Stadion zuläuft, sieht man die großen Statuen, dann ist linkerhand das Museum und rechts davon liegt ein 50-Meter-Becken, man stolpert fast drüber.
Beim Erkunden des Museums und des Archivs hat uns Veronika Springmann, die Leiterin des Museums, Hilfestellung gegeben – um eine Sportmetapher zu nutzen. Ich empfand das Museum wie auch das Archiv erst einmal als einen sehr maskulinen Raum, durch dieses Bezwingen der Gegner, das Kämpfen und Siegen. Deshalb wollte ich das Schwimmen kulturgeschichtlich und mit feministischem Blick erforschen: Ab wann Frauen schwimmen durften, wie sich der Profisport entwickelte und auch, wie es mit der Badekultur zusammenhängt. Im 19. Jahrhundert dachte man noch, Frauen bekämen im Wasser Nervenschäden. Dabei interessierte mich der Bogen vom Nicht-schwimmen-Dürfen zur Schwimmpflicht in der Schule.
Schwimmen hat sich auch schon in die Literatur gefunden, mit dem „Kanalschwimmer“ von Ulrike Draesner zum Beispiel und Kristine Bilkau veröffentlicht demnächst ein Buch, das „Wasserzeiten“ heißt. Und es gibt eine Verwandtschaft zum Schreiben, etwa beim Kampf mit dem Medium: Das Wasser hat einen natürlichen Widerstand, wie auch die Schrift. Es gibt bei beidem die Liebe zur Virtuosität und eine Dialektik von Disziplin und Ektase.
Dramatische Höhepunkte im Sport. Lesung und Gespräch u.a. mit Daniela Dröscher, Maxi Obexer, Zoltan Lesi. 28.2., 19.30 Uhr, Literarisches Colloquium Berlin