Die Buchkäufer wandern ins Internet, aber nicht mehr nur zu Amazon
Die Buchbranche nennt Zahlen, erhält Auszeichnungen und behält treue Kunden. Doch wo bleiben die, die keine Bücher mehr kaufen?

Zwar reden wir jetzt vom Krieg und von der Inflation, doch als vergangene Woche die Wirtschaftszahlen für die Buchbranche bekannt gegeben wurden, spielte noch die andere Krise eine große Rolle: Der Gesamtumsatz ist leicht gestiegen und Corona brachte eine unerwartete Veränderung. Zwar hat wie in sämtlichen anderen Wirtschaftszweigen der Onlinehandel zugenommen, weil die Leute weniger zum Einkaufen außer Haus gehen konnten, aber es ist nicht der Konzern Amazon allein, der davon profitierte.
Während der wegen seines Steuerzahlungsgebarens und des Umgangs mit seinen Mitarbeitern umstrittene Alleshändler von 2019 bis 2021 immerhin 18,4 Prozent an Umsatz zulegen konnte, waren es bei den buchhändlerischen Webshops 43,7 Prozent. Offenbar lassen sich zunehmend Leserinnen und Leser vom Beratungsangebot auch online mehr überzeugen als von Algorithmen. Oder sie wollen einfach darauf achten, wo das Geld bleibt, das sie ausgeben.
Während der Pandemie haben eine Menge Buchhandlungen ihre Internetauftritte neu organisiert oder sich Plattformen wie Geniallokal angeschlossen, um digital verkaufen zu können. Ein paar von ihnen können nun auf frisches Geld hoffen. Denn seit Montag läuft die Ausschreibung für den deutschen Buchhandlungspreis. Hundert inhabergeführte Buchhandlungen werden ausgezeichnet, wenn sie ein literarisches Sortiment führen, ein Veranstaltungsprogramm anbieten, sich bei der Leseförderung engagieren oder überhaupt was ganz Neues ausgedacht haben. Je 7000 Euro sind drin. Fünf besonders herausragende Geschäfte werden mit 15.000, drei allerbeste werden mit 25.000 Euro prämiert.
Merkwürdig spät kommt diese Ankündigung. Ein Blick in alte Kalender zeigt, dass in den Vorjahren der Preis oft bereits im Juli verliehen wurde, üblicherweise hatte die Bewerbungsfrist im März oder April begonnen. Eingeführt wurde die Auszeichnung 2015 durch Monika Grütters. Offenbar musste sich ihre Nachfolgerin Claudia Roth in dieses Feld erst hineinfinden.
Ein Problem aber wird die Branche nicht los: Während manche Leute immer mehr oder teurere Bücher kaufen und fürs Umsatzplus sorgen, geht die Zahl der Buchkäufer weiter zurück. 2021 haben rund 1,4 Millionen Menschen weniger als im Jahr zuvor Bücher gekauft. Wo sind die hin? Solange sie in den Bibliotheken gelandet sind, sollte man nicht meckern. Aber wenn sie das Lesen aufgegeben haben?