Sommerfest am Wannsee: Das literarische Leben beginnt wieder

Helga Schubert, Lukas Rietzschel, Ingo Schulze und viele Autoren mehr fanden über tausend Zuhörer im Garten des Literarischen Colloquiums.

Ein fast sommerlicher Abend beim Sommerfest des LCB.
Ein fast sommerlicher Abend beim Sommerfest des LCB.Cornelia Geißler

Berlin-Helga Schubert, deren Auftritt beim Sommerfest des Literarischen Colloquiums Berlin (LCB) zu den ersten gehörte, kam anschließend von der Bühne am Seeufer nur in Tippelschritten den Weg hinauf zum Büfett. Das lag nicht etwa an einer eventuellen körperlichen Schwäche der Autorin, die sich nicht einmal ihre Tasche voller Bücher abnehmen lassen wollte. Leser aller Art hielten die Schriftstellerin auf, um sich für ihr Buch „Vom Aufstehen“ zu bedanken, Unterschriften zu erbitten und sie in Gespräche zu verwickeln. Hinauf wollte sie aber, denn dort gab es Kaffee und Kuchen, für andere Geschmäcker Fleischpflanzerl oder Obazda mit Brezel. Das Bayerische in Berlin entsprach dem Co-Gastgeber, der auch das Programm bestimmte. Der in München ansässige Verlag dtv feierte am Sonnabend hier seinen 60. Geburtstag.

Davon kündeten auch die Plakate hinter den Lesenden. Während Lukas Rietzschel aus seinem zweiten Roman „Raumfahrer“ las, flatterte hinter ihm eines mit der Aufschrift: „Man kann nicht gleichzeitig in der Buchhandlung und vernünftig sein“. Bücher von ihm, Alex Schulman, Alena Schröder, Dora Heldt und all den Vortragenden gab’s am Tisch unter freiem Himmel.

Er dachte, den Letzten beißen die Hunde, sagte Ingo Schulze. Um 20 Uhr war er der Letzte in der Lesereihe, doch der einzig anwesende Hund bellte nur einmal. Als Ingo Schulze aus „Tasso im Irrenhaus“ las und darüber sprach, zog bereits die Abendkühle vom Wasser hoch. Der schokoladenbraune Pudel rannte inzwischen am Publikum vorbei unermüdlich den Abhang vom LCB zum Wannsee hinunter und durchs Publikum wieder hinauf, während Schulze Sätze las wie: „Er entwendet mir meine Gedanken.“

Der am häufigsten geäußerte Gedanke unter den Hunderten Leuten lautete: „Es ist wie früher.“ Das literarische Leben hat wieder begonnen. Nur getanzt wurde schließlich nicht in der Villa wegen des Virus, dessen Namen niemand aussprechen wollte, sondern draußen, hinterm Haus.