Salman Rushdie: „Ich bin noch nicht aus diesem Wald heraus“
Zur Veröffentlichung seines neuen Romans gab Salman Rushdie in den USA ein erstes Interview. Er leidet noch unter den Folgen des Angriffs.

Der neue Roman von Salman Rushdie, „Victory City“, ist in der englischsprachigen Ausgabe ab sofort erhältlich. Wer das 450-Seiten-Buch lieber auf Deutsch lesen möchte, muss noch ein paar Wochen warten, bis die Ausgabe bei Penguin in München erscheint. Bernhard Robben, seit Jahren Rushdies viel gelobter Stamm-Übersetzer, hat das Buch übertragen. Der Autor wird nicht zu Lesungen oder Buchpräsentationen nach Europa kommen, auch in den USA gibt es keine derartigen Termine mit ihm. Doch die sehr gute Nachricht ist, dass Salman Rushdie sich von dem schweren Attentat im August des vergangenen Jahres wieder einigermaßen erholt hat.
Das Magazin The New Yorker veröffentlichte am Montag ein großes Porträt über ihn, das von dem neuen Buch handelt, aber auch von dem Angriff auf offener Bühne in einem Bildungszentrum in der Nähe des Erie-Sees. Dort wollte Rushdie dem Publikum eigentlich schon von „Victory City“ erzählen, er war gerade fertig mit dem Buch, hatte Anfang August im Kurznachrichtendienst Twitter einen ersten Entwurf des Covers gepostet. Auf Twitter meldete der Schriftsteller sich nun zurück mit einem Foto, das andeutet, wie sehr er sich äußerlich verändert hat. Das eine Brillenglas ist schwarz – der Attentäter nahm ihm die Sehfähigkeit des rechten Auges. Das Gesicht ist deutlich schmaler als zuvor, Narben sind erkennbar.
David Remnick on the defiance of Salman Rushdie https://t.co/MgD6ieG1Ne
— New Yorker Fiction (@NYerFiction) February 6, 2023
Der neue Roman ist zunächst in Südindien angesiedelt; ein neunjähriges Mädchen wird von einer Göttin auserkoren, deren menschliche Hülle und Sprachrohr in der Welt zu sein. Ihre große Aufgabe wird sein, den Frauen in einer patriarchalen Welt eine gleichberechtigte Rolle zu geben. Allein dies deutet an, dass Rushdie mit dem Stoff nicht im 14. Jahrhundert bleibt, in dem die Handlung beginnt, sondern durch die Zeiten schreitet, von Macht, Liebe und Menschlichkeit erzählt.
Im Gespräch mit dem Journalisten vom New Yorker spricht Salman Rushdie offen über den tiefen Einschnitt in seinem Leben. Auch nachdem 1989 wegen seines Romans „Die satanischen Verse“ eine Todesdrohung gegen ihn ausgesprochen wurde und er zehn Jahre in Verstecken und unter Polizeischutz leben musste, wollte er sich nicht als Opfer fühlen. Nun aber habe er Schwierigkeiten zu tippen und sich zu konzentrieren. „Ich schreibe, aber es ist eine Kombination aus Leere und Schrott, Sachen, die ich schreibe und die ich am nächsten Tag wieder lösche. Ich bin noch nicht aus diesem Wald heraus, wirklich“, sagte er.