Wer braucht schon das E?

Margaret Mitchells weltberühmter Roman „Gone with the Wind“ erscheint jetzt – erstmals seit 1937 – in einer neuen Übersetzung.  

Berlin-Am ersten Verkaufstag im neuen Jahr liegt ein dicker Wälzer in den Buchhandlungen, der den meisten Lesern wenigstens vom Titel her bekannt sein dürfte. Er machte seine Autorin Margaret Mitchell berühmt. Das Original „Gone with the Wind“ wurde sofort bei Erscheinen 1936 ein Bestseller, die Verfilmung drei Jahre später trug zur Popularität bei. Bis heute sollen mehr als 30 Millionen Exemplare verkauft worden sein. Und schon 1937, als die Autorin den Pulitzerpreis für den Roman erhielt, kam eine deutsche Übersetzung heraus, von Martin Beheim-Schwarzbach.

Die Autorin Margaret Mitchell (1900-1949)
Die Autorin Margaret Mitchell (1900-1949)Verlag/Antje Kunstmann

Der Wind bläst nun einsilbig

Aber was heißt hier eine? Es war die deutsche Fassung des Romans. „Vom Winde verweht“, lieferbar während der Nazizeit und nach dem Krieg, im Buchhandel ist sie bis heute erhältlich als 1120-seitiges Ullstein-Taschenbuch. Jetzt erst gibt es also eine Neuausgabe. Sie hat 200 Seiten mehr, nicht nur wegen des Nachworts und der sehr hilfreichen Anmerkungen, sie ist ungekürzt. Und sieht gut aus: etwas großzügiger gestaltet, in blaues Leinen gebunden, mit Schutzumschlag ausgestattet, und sie heißt „Vom Wind verweht“.

Der Wind bläst diesmal einsilbig kühl. Andreas Nohl und Liat Himmelheber, die vom Verlag Antje Kunstmann respektvoll unter dem Namen der Autorin mit auf dem Umschlag genannt werden, verzichten in ihrer Neuübersetzung auf weit mehr als das gewohnte E. Ihre Sprache stammt aus der Gegenwart und klingt den heutigen Lesern vertrauter.

Weniger rassistisch

Schon im ersten Absatz ist das zu merken, wenn Beheim-Schwarzbach Scarlett O’Hara ein „Antlitz“ gibt, Nohl/Himmelheber aber von einem „Gesicht“ schreiben. Auch benutzen sie das englische Wort „County“ statt „Provinz“, um genauer zu sein. Am wichtigsten war dem Übersetzerpaar aber, den sprachlichen Rassismus zu mildern. Das Deutsch der Dreißigerjahre hatte manche der Ausdrücke, die im Original für die Sklaven in den Südstaaten benutzt wurden, sogar noch überzeichnet. Wem „Wulstlippen" angedichtet wurden, trägt jetzt „volle Lippen". Und die Menschen afroamerikanischer Herkunft sind in der Neuausgabe Schwarze oder „Darkys“. Das liest sich ohne Schaudern.