Mehr Schutz für Blogger: Kampf gegen den Abmahnwahn

Hardy Prothmann ist kritisch, mutig, meinungsstark, sagen seine Freunde. Hardy Prothmann ist ein arroganter Selbstdarsteller und wirft mit Dreck um sich, sagen Leute, die ihn nicht mögen. „Ich nehme mir die Freiheit, Fakten zu interpretieren“ , sagt Hardy Prothmann selbst.

Man könnte Hardy Prothmann als Galionsfigur des lokalen Onlinejournalismus bezeichnen, er betreibt fünf Lokalblogs, darunter das Heddesheim-Blog. Dort teilt er gerne aus, und manchmal vergreift er sich im Ton. Elf Abmahnungen hat er bislang kassiert, meist wegen angeblicher Schmähkritik oder falschen Tatsachenbehauptungen. Seine Bilanz: „Neun Mal wurde der Angriff zurückgezogen, außerdem ein Vergleich und eine einstweilige Verfügung.“

Hardy Prothmann hält die überzogenen Streitwerte und die daraus folgenden Anwaltskosten für geeignet, Leute „mundtot zu klagen“. Er möchte deshalb einen Verein gründen, um Blogger und freie Journalisten vor dem „Abmahnwahn“ zu schützen.

Freibrief für haltlose Unterstellungen?

Und damit einen Freibrief für haltlose Unterstellungen ausstellen? „Der Verein kann keine Rausputzerfunktion haben, wir legen Wert auf saubere Recherche.“ Prothmann sagt, dass oft mit Kanonen auf Spatzen geschossen werde, wenn Unternehmen oder Prominente gegen Blogger klagen. Zusammen mit Stefan Aigner von Regensburg-Digital, Hubert Denk vom Bürgerblick Passau und Peter Posztos, der die Tegernseer Stimme betreibt, möchte er an diesem Ungleichgewicht etwas ändern.

Im Frühjahr 2012 soll der Verein mit seiner Arbeit beginnen.

Das Angebot richtet sich vor allem an Blogger und freie Journalisten, „aber natürlich können auch Redakteure von großen Medienunternehmen bei uns mitmachen.“ Auf drei Wegen könne geholfen werden: Finanziell, juristisch und publizistisch.

Juristische Beratung gegen "die große Keule"

Alleine die Anwaltskosten übersteigen schnell das Budget vieler Blogger, deshalb will Prothmann Spenden und Mitgliedsbeiträge einsammeln, um im Klagefall helfen zu können. Außerdem möchte er juristische Beratung durch Rechtsanwälte anbieten. „Aber vor allem geht es um Öffentlichkeit. Wenn ein Vereinslogo auf der Webseite prangt, dann überlegen es sich manche vielleicht noch mal, ob es wirklich gleich die ganz große Keule sein muss“, hofft Prothmann.

Er setzt auf den sogenannten Streisand-Effekt. Die Schauspielerin hatte einen Fotografen erfolglos auf 50 Millionen US-Dollar Schadensersatz verklagt, weil der eine Luftaufnahme ihres Hauses veröffentlicht hatte – auf einer Webseite mit 12 000 ähnlichen Fotos. Streisand wollte ihre Privatsphäre schützen und erreichte das Gegenteil: Plötzlich interessierte sich das halbe Internet für ein Bild, das sonst wohl kaum jemand bemerkt hätte.„Nehmen wir mal an, unser Verein hat 200 Mitglieder. Blogger, Journalisten, lauter Multiplikatoren. Das ist ein Netzwerk, mit dem man sich eigentlich nicht anlegen möchte“, sagt Prothmann. „Da geht die Klage schnell nach hinten los.“

Nächste Seite: Wie vermeide ich Klagen?