Vor dem Radio und auf dem Rad: Ungewöhnliche Konzertreihen in Berlin

Etliche Veranstalter sind während der Pandemie kreativ geworden. Neben gemeinsamem Radiohören wird nun auch auf dem Fahrrad getanzt. Gilt das noch als Konzert?

Radfahren und Livemusik hören: Das geht nun auf dem Tempelhofer Feld.
Radfahren und Livemusik hören: Das geht nun auf dem Tempelhofer Feld.dpa/Robert Günther

Berlin-Ist ein Konzert noch ein Konzert, wenn man nicht gemeinsam vor der Bühne wackelt? Wenn die Band nicht zum Greifen nah ist? Wenn man nicht den Schweiß- und Biergeruch der anderen riecht? Diese Fragen haben sich die Berliner Veranstalter vermutlich tausendfach gestellt und mit Streaming-Shows und Hygiene-Konzepten alles versucht, um möglichst nah an das etablierte Format heranzukommen. Manche Betreiber scheinen sich nicht länger darauf einlassen zu wollen. Sie machen gleich etwas anders.

Ein Beispiel ist etwa die #ArtistsOnWheels-Reihe von silent.move-concerts auf dem Tempelhofer Feld, bei der man jeden Sonntagabend, zwei Stunden vor Parkschließzeit, ein Live-Act über Kopfhörer hört, dazu radelt oder sogar auf dem Fahrrad tanzt! Wem das zu anstrengend ist, hat Pech. Denn die Künstler spielen selbst auf einem Fahrradanhänger, der quer über das Feld gezogen wird. Für die Livemusik beziehungsweise die Funk-Verbindung muss man sich also bewegen. Ob das noch als Konzert gilt? Für manch einen ist es sicher ein Sportprogramm, Spinning im Freien.

Rad-Disco und Hörer-Club

Entspannter ist es da beim Zentrum für Kunst und Urbanistik in Moabit. Dort trifft man sich einmal im Monat gegen Nachmittag bei der „Picnic FM“-Reihe, um Musik über ein Radio zu hören. Neben dem Park spielen dazu Acts, deren Songs über einzelne Hörfunkgeräte übertragen werden. Die Besucher sitzen folglich wie zu Hause vor einem Kasten, nur sind sie nicht allein. Ob ohne Show dasselbe Gefühl wie bei einem Konzert entstehen kann?

Vermutlich bedarf es bei solchen Formaten längst anderer Begriffe, neuer Vergleiche. Rad-Disco und Hörer-Club klingt schon etwas attraktiver. Und sicher sind die Begegnungen bei diesen Events auch anders – wenn man vor lauter Treten kaum noch Zeit zum Biertrinken hat. Oder nicht tratschen kann, weil man jetzt nur noch zuhören muss! Geräusche, Klänge stehen so interessanterweise im Vordergrund, deutlicher als das Zusammenkommen. Am Ende ist es vielleicht eine Sound-Veranstaltung. Wir probieren es mal aus.

Das nächste „Picnic FM“ findet am 18. Juli um 15 Uhr statt. Die Musiker Nasea, Jako Jako und Katya Kov werden diesmal spielen. #ArtistsOnWheels findet jeden Sonntag statt. Infos und Termine gibt es jeweils unter: www.silentmove.berlin und www.instagram.com/picnic_fm