Kiffen, feiern, MDMA: „Vergessen wie“, der neue Song von Peter Fox
Nach „Zukunft Pink“ veröffentlicht der Berliner Seeed-Sänger einen neuen Song, zwischen Depri-Down und Party-High. Was steckt drin und taugt das was?

Was für ein Comeback! Nach 14 Jahren Solo-Pause hatte Peter Fox, einer der beiden Seeed-Leadsänger, im Oktober 2022 eine neue Single herausgebracht: „Zukunft Pink“. Der Song steht bis heute in den deutschen Top-10 und war insgesamt fünf Wochen lang sogar auf Platz 1 der deutschen Single-Charts. Das Feedback in Berlin war größtenteils euphorisch, vor allem wegen des optimistischen Spirits des Songs. Vereinzelt gab es auch Kritik, da Peter Fox sich afrikanischer Klänge bediene (etwa Amapiano, der südafrikanischen, jazzigen Spielart von House), ohne den Erfindern dieser Sounds den nötigen Tribut zu zollen.
Viele warten nun natürlich darauf, dass ein Album kommt. Es wäre seine erste Solo-Platte seit „Stadtaffe“, dem Debüt von 2008. Offiziell bestätigt wurde vonseiten der Plattenfirma Warner noch nichts. Doch eigentlich dürfte kaum noch jemand daran zweifeln, dass da was im Busch ist 2023. Gerade erst hat das saarländische Festival Rocco del Schlacko einen Auftritt von Peter Fox im August 2023 angekündigt – wo übrigens auch Tokio Hotel spielen werden.
Und nun kam auch noch eine neue Single von Peter Fox. Ein weiterer Vorbote fürs Album? „Vergessen wie“ heißt der Song jedenfalls. Worum geht es? Kurz gesagt, gammelt das lyrische Ich zu Hause rum, um dann im zweiten Part, nach dem Beat-Switch, doch noch den Weg auf die Party zu finden. Unterwegs gibt es einige schöne Details zu entdecken.
Strophe eins setzt damit ein, dass das lyrische Ich (man ist geneigt zu sagen: Peter Fox persönlich) auf dem Teppich liegend einen Becher „Ben & Jerry’s“-Eiscreme nascht. Was allerdings nicht für genügend Glückshormone reicht. Zu viel Screentime am Smartphone, zu wenig Connection mit den Freunden. Bonsoir, Tristesse! Alle sind „faul wie die Pandas“. Es bleibt offen, ob das an den langen Pandemie-Lockdowns für Clubs und überhaupt am Nightlife lag – oder auch am fortschreitenden Alter, das die Partylaune senkt (Peter Fox ist ja inzwischen auch schon 51.) Vermutlich an beidem? Nicht zu vergessen der beschissene Berliner Winter: „Montag-Blues, Dienstag-Blues, Mittwoch-Blues, weil / Mir fehlt meine Crew und allein ist’s draußen zu kalt.“
Die Hook stellt dann aber doch klar, dass die Club-Lockdowns vorüber sind. Wobei das lyrische Ich offenbar mental noch nicht ganz darauf klarkommt: „Wissen nicht mehr, wie еs geht / Aber die City lebt.“ Die Post-Hook beschwört dann Euphorie und „Vollkontakt“ herauf. In der Bridge vor der zweiten Hook wird das Fox-Ich sogar streng mit sich selbst – und vielleicht auch mit dem Freundeskreis, der, wie Fox selbst, womöglich auch schon über 50 ist: „Es ist nicht okay / Sich schon vor eins hinzulegen.“ Etwas fies gegenüber allen Leuten, die in ihren Jobs wirklich früh aufstehen müssen, okay, aber schließlich spielt der Song in einer „Friday-Night“.
In den YouTube-Kommentaren zur neuen Peter-Fox-Single „Vergessen wie“ wird vielfach klar, dass viele Fans besonders den zweiten Teil des Songs feiern, der nach dem Beat-Switch einsetzt. Wahrscheinlich, weil die Stimmung da von der anfänglichen Lethargie über die zwischenzeitliche FOMO (fear of missing out, die Panik, etwas zu verpassen) dann wirklich ins Positive switcht: „Endlich seh’n wir uns wieder / Erst mal Meter Tequila / Schwestern und Brüder / Die Message ist: Liebe“.
Der Freundeskreis von Fox pafft folglich einen Blunt (ein pur mit Marihuana gefülltes Tabakblatt) vor der Lautsprecherbox, aus der offenbar Songs des jamaikanischen Dancehall-Deejays Shabba Ranks und der (2001 verstorbenen) R&B-Sängerin Aaliyah ertönen. Irgendwann gibt’s auf der Party auch MDMA. Und Fox warnt vor einem zu hohen Alk-Pegel. Klingt vernünftig.
Die finale Hook ist textlich variiert, gewissermaßen auch ein Widerspruch zur Vor-Version, wo behauptet wurde, man habe vergessen „wie es geht“. Nun heißt es aber: „Uh, nie vergessen, wie / Hier ist das Recipe / Wissen wieder, wie es geht / Ja, ja, die City lebt“. Hatte Fox es nun vergessen oder nicht? Der Schein-Widerspruch lässt sich wohl am besten so auflösen: Fox meinte bloß, das Know-how fürs Feiern vergessen zu haben – letztlich vergisst man so was aber, wie das Dreiradfahren, nie. Zumindest dann nicht, wenn man schon mal in Berlin gefeiert hat.
„Vergessen wie“ reißt viele Themen gleichzeitig an: Davon, dass Erwachsene (Ü30, Ü40, Ü50) selbst in einer Stadt wie Berlin es sich nur allzu oft auf der Couch bei Netflix & Chill bequem machen – und den Spaß draußen vergessen. Aber eben auch, dass die Pandemie mit ihren Lockdowns uns unsere sozialen Skills ein wenig abtrainiert hat. Die, die am digitalen Screen eher verkümmern. „Vergessen wie“ ist ein sanfter Tritt in den Arsch, um mal wieder richtig auszugehen mit den Leuten, die man liebt. Ein kleiner Lifehack in weniger als vier Minuten. Ob er seine Wirkung tut? Das darf dann jeder selbst am Wochenende ausprobieren. Eins ist sicher: Friday-Night steht kurz bevor.