Kein Skandal: Pete Doherty kommt pünktlich mit Hut, Stock und Hund auf die Bühne
Der britische Rockmusiker Peter Doherty war jahrelang das Synonym für ein von Drogen zugerichtetes Wrack. Nun hat er ein neues Album und gastierte im Metropol.

Pete Doherty hat vor zwei Monaten ein neues Album herausgebracht. Das wäre an sich keinen Artikel wert. Unweigerlich enthält „The Fantasy Life of Poetry and Crime“ vorhersagbare Akkordfolgen (diesmal umgesetzt vom französischen Musiker Frédéric Lo) und eben Dohertys brüchiges Post-Morrissey-Gesäusel über Drogenromantik. Dafür aber kann man ihn mal wieder auf der Bühne betrachten. Immer wieder zieht es die Menschen bei diesen Anlässen in Scharen an: Mal sehen, ob er es diesmal schafft, den Auftritt abbricht, viel zu spät anfängt, alle Texte vergisst und sich als das tragische Wrack erweist, als das er ewig gefeiert wird und das er bitteschön immer bleiben möge. Denn wo gibt es denn heute noch tragische Wracks in dieser optimierten Welt voller K-Pop und Microdosing? Wer soll denn Projektionsfläche werden für die Wracks, die unsere gescheiterten Träume darstellen?
Pete Doherty trifft die meisten Töne
Unter derlei Ansprüchen kann so ein Konzert eigentlich nur scheitern, zumal wenn das zentrale tragische Wrack im Vergleich zu früher relativ gut beieinander und sogar quasi nüchtern ist: Jedenfalls erschien Pete Doherty am Sonnabend zehn Minuten früher als von seiner Agentur angekündigt mit Hut, Jackett und Vintage-Gehstock auf der Bühne des Metropol, fand gleich zum Mikrofon und intonierte „Last of the English Roses“ von seinem ersten Soloalbum. Seine Band, inklusive Kooperationspartner Lo, klimperte akzeptabel, und Doherty traf gar nicht mal so wenige Töne. Die Songs vom neuen Album klangen exakt so belanglos wie die alten, bis auf die Single „You can’t keep it from me forever“, bei der er mehr noch als anderswo Morrissey kanalisierte und bei der etwas rockigerer Druck aufgebaut wurde. Doherty scherzte mit dem ihn feiernden Publikum, gratulierte jemandem zum Geburtstag und sagte, er liebe es, dass man ihn liebe.
Der Therapiehund des Pete Doherty
So weit, so langweilig. Kein Projektionswrack! Doch hatte Doherty eine Lösung: Seinen Hund! Gottergeben stand das Tier auf der Bühne, trottete mal hier- und mal dorthin, ließ sich von der Keyboarderin streicheln und nahm der Situation die Anspannung. Gleichzeitig erinnerte er uns an das Gemütliche im Hier und Jetzt und wie wichtig das doch ist. Nun haben wir also ein Therapietier! Pete Doherty kann weiter genesen!
Doch: Sind Hunde nicht geräuschempfindlich? Die häufigen Rückkopplungen von Dohertys Mikro können eigentlich nicht gesund gewesen sein, auch nicht die langgezogenen Gitarrentöne am Ende der Zugabe, einem Velvet-Underground-Cover und dem Stück „Salome“. Hier verschwand der Hund. Auch bei den Eric-Satie-haft beklimperten Nicht-Melodien des Stücks „The Ballad of“, als Doherty dann doch arg ins Mikrotonale abdriftete, war der Hund kurz von der Bühne gegangen. Aber gleich danach treuherzig wiedergekehrt.