Cute und laut: Die südkoreanische Boyband Ateez in der Mercedes-Benz-Arena
Am Valentinstag treten die acht südkoreanischen Jungen von Ateez in Berlin auf, am Mittwoch folgt der zweite Gig. Die Atinys hatten einen großen Spaß.

Da stehen also 17.000 meist weibliche Teenager in einer großen Halle in Berlin im Februar 2023 und kreischen, und über diesem Lärm ist noch die Stimme von Seonghwa zu hören, einem der acht Sänger der Band Ateez auf der Bühne. Er fordert die Fans auf, ganz laut zu rufen: „Break the Wall“. Und als die Fans das kurz darauf tun, wechseln die kleinen Lampen in ihren Händen ihre Farbe von Weiß zu Rot und das letzte Lied des Abends beginnt: „The Real“.
Die Band Ateez ist eines dieser Phänomene, die in einer sehr kleinen Zielgruppe sehr erfolgreich ist. Das ist sichtbar für den, der am Dienstagnachmittag vor der Mercedes-Benz-Arena vorbeiläuft und Tausende weibliche Teenager und Frauen in ihren frühen 20ern in einer langen Reihe stehen sieht. Sie haben koreanische Schilder dabei und viele Herzen. Schließlich ist Valentinstag, ein guter Tag, um als Fan seinem Idol ein Stück näher zu kommen. Denn darum geht es bei Konzerten.

Ateez sind ein Produkt der südkoreanischen Entertainment-Industrie, die inzwischen Milliardenumsätze erwirtschaftet und zu einem der wichtigsten Exportgüter des ostasiatischen Landes geworden ist. Die acht Männer sind zwischen 22 und 24 Jahren alt und begannen ihre Karriere als Teenager in den harten Casting-Shows. Sie bewährten sich und wurden dann im Jahr 2018 in die Welt geschickt. Ihre Musik ist eingängig, laut und bestätigt Jugendliche darin, dass sie okay sind, wie sie sind.
Schon bevor das Konzert in Berlin beginnt, wird ein englischer Text an die Wand projiziert, der zwar wenig Sinn ergibt, aber irgendwie Mut machen soll: „Wir wollen euch beschützen“, steht dort. Und dann: „Zweifel nicht an dir, du bist immer im Recht. Wir sind immer im Recht, weil du im Recht bist. Denk immer daran. Wir arbeiten für dich.“ Zu dem Zeitpunkt kreischen schon die meisten Fans los, wenn nur eines der acht Gesichter von Ateez auftaucht.

Der Name Ateez soll von „A Teenager Z“ stammen, also ein direkter Verweis auf die Generation Z, derjenigen, die rund um das Jahr 2000 geboren wurden. Die Fans haben wie bei allen K-Pop-Bands einen eigenen Namen: Sie heißen Atinys. Sie sorgen immerhin für einen ausverkauften Valentinsabend in der Mercedes-Benz-Arena. Für das zweite Konzert am Mittwoch gibt es noch Restkarten. Die „Blinks“, Fans der K-Pop-Band Blackpink, hatten im Dezember für zwei ausverkaufte Abende in Berlin gesorgt, genauso wie die „Army“ von BTS vor einigen Jahren.
Die Stimmung muss sich aber hinter nichts verstecken. Als Ateez die Bühne betreten und zu tanzen beginnen, hält die Fans nichts auf den Stühlen. Die Lieder „New World“ und „Sector 1“ haben nur wenige englische Passagen, aber diese werden zielsicher mitgesungen: „Öffne Deine Augen, kannst Du den Sturm nicht fühlen?“ Oder: „Lass uns eine Welle machen, lass uns Regen machen!“
Ein wichtiges Accessoire ist die Lampe in den Händen der Atinys. Der sogenannte Lightstick kostet rund 70 Euro und wird per Bluetooth mit dem Konzertsitz gekoppelt. So kann zentral die Farbe des ganzen Saals mitbestimmt werden: Beim Song „Cyberpunk“ leuchtet alles in Grün, bei „Horizon“ in Blau und bei „Sunrise“ in Orange und Rot – je nachdem, wo man sitzt. Die Fans behandeln ihn sorgfältig. Manche werden ihn zu Hause noch als Nachttischlampe verwenden, sagt ein Fan. Im Inneren ist eine kleine Sanduhr, das Symbol von Ateez. Das Licht im Inneren dreht sich auf Knopfdruck. Hier in der Halle sorgt der Stick vor allem für ein Gemeinschaftsgefühl.
Immer wieder unterbrechen die acht jungen Männer die Show, um sich nebeneinander aufzubauen und einzeln die Fans zu begrüßen. In niedlich gebrochenem Englisch fragen sie „What’s up Berlin?“ oder „Are you ready for this?“ oder sie flirten mit der Kamera und sagen: „Es ist so heiß hier!“ oder: „Die Atinys sind zwar immer hübsch, aber heute sehen sie besonders gut aus.“ Vor allem, wenn Mingi, Jongho oder Yunho etwas sagen, ist der Saal kaum zu halten.
Denn in diesen Augenblick verschwindet die milliardenschwere Industrie der seichten Unterhaltung hinter dem Gesicht von acht Jungen Mitte 20, die einfach auf der Bühne stehen, gut aussehen und in die Menge winken und sich ehrlich über die Aufmerksamkeit freuen. „Danke, dass ihr euch um uns kümmert“, sagt einer und danach in Richtung aller Atinys: „Du bist mein Valentine.“
Am Wochenende hatte am Alexanderplatz schon ein kleiner Pop-up-Store geöffnet, an dem sich eine auffällige Schlange bildete. Dort konnte man Pullover, Mützen und Taschen von Ateez kaufen und natürlich den Lightstick. Entsprechend eingekleidet kamen viele Fans in die Arena, als wären sie alle Teil der „Kameradschaft“, nach der diese Tour benannt wurde: „The Fellowship“, das erinnert sicher nicht unabsichtlich an den „Herrn der Ringe“ und die Gruppe der Auserwählten: kleine Zielgruppe, sehr erfolgreich. Und welche Mauer eigentlich eingerissen werden, soll mit dem Ruf „Break The Wall“, bleibt bis zum Ende unklar.
Aber es gibt ein paar Lieder an diesem Abend, da sind Ateez mit ihren Atinys eine komplette Feier-Einheit. Eines der Lieder, bei denen das besonders gut funktioniert am Dienstag, ist der Song „Say My Name“. Wieder geht es darum, an sich zu glauben, selbstbewusst in die Welt zu treten und immer wieder laut die eigene Position zu verlangen, eben das, was die Generation Z gern hören möchte: „Halt meine Hand, schau mir in die Augen und sag meinen Namen!“