Neue Platten fürs Wochenende: Slowthai, AnnenMayKantereit, Macklemore
Macklemore ist Barack Obamas Drogen-Experte. AnnenMayKantereit laden zu Erdbeerkuchen mit Federweißem. Und Slowthai rettet diese Release-Woche dann doch noch.

Macklemore: „Ben“ (ADA/Warner)
Wenn es um Drogen geht, vertraut Barack Obama auf Macklemore: 2016 lud der damalige US-Präsident den Grammy-Preisträger zu seiner präsidialen Ansprache, als ersten Nichtregierungsvertreter überhaupt: um über das große Drogenproblem in Amerika zu sprechen. Die Abhängigkeiten und auch das soziale Stigma. Macklemore ist einer, der sich auskennt, es ist das Thema seines Lebens. Und folglich auch seiner Musik.
Nach Erfolgen mit dem HipHop-Duo Macklemore & Ryan Lewis erscheint nun Macklemores dritte Solo-Platte „Ben“, die Koseform seines bürgerlichen Vornamens Benjamin. Schon dies ein Marker: Es soll extra-persönlich werden. Klanglich handelt es sich allerdings eher um einen mediokren Verschnitt aus Melancholia-Disco à la The Weeknd und gedrosseltem Blue-Eyed-Rap à la Eminem. Die Themen, die Macklemore anpackt, sind wichtig – aber sie hätten etwas mehr Originalität in der Umsetzung verdient.
Konzert: 22. April, Verti Music Hall
AnnenMayKantereit: „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“ (AnnenMayKantereit Records/Universal)
Wären AnnenMayKantereit eine WG, lägen dort sicher immer miesepetrige Gitarren im Holzdielen-Flur rum, um mit der kratzig-betäubten Stimme von Henning May zu chillen. Wenn uns der AnnenMayKantereit-Sänger auf „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“, der vierten und poppigsten Platte der Kölner Streamwunderkinder, sommerfestivaltauglich beschwört, wir müssten unbedingt diesen Erdbeerkuchen probieren („Erdbeerkuchen“), mit Federweißem – nun ja, dann ist das lieblich-süß, und warum nicht? Und dass es früher zwar kein Instagram, aber dafür ordentlich RTL II gab, ist schon eine witzige Alltagsbeobachtung.
Bei anderen Liedern indes wünscht man sich, Henning May würde selbst mehr Erdbeerkuchen naschen, statt zu singen. Warum seine Blicke nun „wie Lottoscheine“ aussehen, da er noch an sein Glück glaube? Das ergibt null Sinn. Für Zeilen wie „Paare gehn getrennte Wege/ wenn sich die Liebe verliert“ wäre vielen doch das Papier im Poesie-Album zu schade. Nicht so AMK. Sorry, Jungs, aber andere Bands (etwa Isolation Berlin) sind einfach die besseren Ton-Steine-Scherben-Wiedergänger.
Slowthai: „Ugly“ (Universal)
Neben allerlei mittelmäßigen Releases diese Woche gibt es, ein Glück, auch noch Slowthai, den britischen Grime-Rapper, Jahrgang 1994. Im Grunde sind die Sujets, die Slowthai beackert, gar nicht so anders als die von Macklemore. Aber er tut es mit einer ganz anderen Intensität und Inbrunst. Die Beats scharf wie frisch gewetzte Taschenmesser und die Stimme dringlich, wie es nur einer vermag, der seine Dämonen wahrlich nur mit Musik unters Bett verscheuchen kann.
Wie auch sein Kollege Stormzy auf dessen 2022er-Album wagt Slowthai es auf seiner nunmehr dritten Platte auch, ausgehend vom Grime (dieser schnelleren, dreckigeren, britischeren Spielart von HipHop), zu singen. Das klingt dann schon mal nach Alex Turner von den Arctic Monkeys. Das „Ugly“ im Titel übrigens erfährt einen zauberschönen Twist: Es steht nicht für hässlich, sondern für „U gotta love yourself“. Hat der gute Slowthai etwa heimlich Lizzo, die große Hohepriesterin der Selbstliebe, gehört?