Neue Platten fürs Wochenende: Raye, Shania Twain, Young Fathers

Raye zeigt ihrer Ex-Firma den Mittelfinger. Shania Twain trennt sich vom Country für den Pop. Und Young Fathers lieben das Chaos. Das sind die Platten der Woche.

Raye hat ihr Debüt-Album auf eigene Faust herausgebracht.
Raye hat ihr Debüt-Album auf eigene Faust herausgebracht.Callum Walker Hutchinson

Raye: „My 21st Century Blues“ (Human Re Sources/The Orchard)

Aufstieg, Fall und Wiederauferstehung. Ein Stoff wie fürs Hollywood-Drehbuch. Ein Stoff, den Raye mitbringt und uns auch auf ihrer Debüt-Platte (oder wahlweise auch -Kassette) erzählt. Was ist Rachel Agatha Keen (wie Raye im Pass heißt) wohl geschehen? Der Beginn von einer Bilderbuch-Karriere: Die Brit School (wo auch schon Adele und Amy Winehouse in die Lehre gingen) hat sie zwar abgebrochen, aber einen Major-Plattenvertrag, den bekam sie trotzdem, auf Empfehlung Olly Alexanders (Years & Years).

Rosig war es wohl trotzdem nicht nur: Raye hat an Songs für Beyoncé und John Legend geschrieben, zwölf Millionen monatliche Hörer:innen allein auf Spotify hinter sich versammelt, aber so richtig glaubte ihr (nun) Ex-Label immer nicht, dass sie bereit sei fürs Debüt. Sie ließ den Deal also platzen und machte das Album auf eigene Faust: eine funky tanzbare Midtempo-R&B-Mischung, auch mal mit Ausflügen in die Jazzbar. Oft etwas glatt, aber doch eingängig. Die Single „Escapism. Ft. 070 Shake“ schnellte in Deutschland auf die Drei. Und in England auf die Eins. Vermutlich flucht gerade jemand laut beim alten Arbeitgeber.

Konzert: Frannz Club, 26.2.


Shania Twain: Queen Of Me (Republic Nashville/Universal)

Sicherlich vielen in Erinnerung seit 1997: Shania Twain lässt sich nicht leicht beeindrucken („That Don’t Impress Me Much“), ob man nun Raketenwissenschaftler oder Brad Pitt ist. Egal, diese Frau verlangt nach anderen Qualitäten. Und die Kanadierin legt ja selbst auch vor, als kommerziell erfolgreichste Country-Pop-Sängerin ihrer Generation. Damit hat sie nicht zuletzt die Crossover-Blaupause für Taylor Swift geliefert.

Zwischendurch tragisch: Es sah so aus, als ob sie durch Borreliose ihre Stimme verlieren würde. Doch seit 2017 ist sie zurück. Country-Fans aus ihren frühen Jahren wird sie mit der neuen Platte nicht beglücken. Aber wer Bock auf anschlussfähigen Ohrwurm-Pop hat, den könnte Shania Twain much impressen.


Young Fathers: „Heavy Heavy“ (Ninja Tune/GoodToGo)

Rap ist das nicht mehr. Zwischen Düsternis und Euphorie schillert dieses vierte Album der experimentalwütigen Schotten namens Young Fathers, aber auf eine Weise, die sich eher an TripHop, Afrobeats und Blues abarbeitet. Mit Anklängen an Radiohead und Bon Iver. Die Offenheit im Sound brachte ihnen 2014 schon den in Britannien äußerst renommierten Mercury Prize ein.

Nichts fürs Konsens-Frühstücksradio, aber bei den abgefahreneren Platten dieses Jahres spielen die Young Fathers sicher oben mit. Bei kaum einem der zehn Songs ahnt man zu Beginn, wo man am Ende rausgelangt. In Klang gegrabene Wurmlöcher geradezu! Chaos ist programmiert, aber dieses Chaos ist schön.

Konzert: Astra Kulturhaus, 18.2.