Neue Platten fürs Wochenende: Sam Smith, Tuvaband, The Arcs
Sam Smith setzt ein Zeichen für junge Queers. Tuvaband hat den verhallten Sound für Nebelnächte. Und The Arcs sind unsere Lieblingspsychos aus der Garage.

Sam Smith: „Gloria“ (Capitol/Universal)
Platz 1 in den US-Charts erklomm die Vorab-Single „Unholy“ – selbst für Sam Smith aus Großbritannien eine Premiere! Der Song wurde entsprechend gefeiert in der Queer-Community: Denn „Unholy“ war in den USA auch der erste Nummer-1-Hit einer nichtbinären Person – und dann auch noch gemeinsam mit Feature-Gästin Kim Petras (einer in Köln geborenen Kalifornierin), die selber trans ist. Spielt das überhaupt noch eine Rolle, ob wer queer ist? Bei so viel Hass, der nichtbinären und trans Personen oft entgegenschlägt: leider ja. Was für ein Triumph, trotzdem top of the pops zu sein. Und sicher ein Hoffnungsschimmer für queere Teenager von Harlem bis Halle.
Thematisch arbeitet sich Sam Smith ab am eigenen Leben: als Queer katholisch zum Selbsthass erzogen, aber schließlich doch gelernt, sich zu lieben. Trefflich heißt die Platte „Gloria“. Klanglich bekommen wir ESC-reife Powerdisco („Lose You“), die Smith-bewährten Butterballaden („Perfect“), aber diesmal auch Flirts mit dem Reggae („Gimme feat. Koffee & Jessie Reyez“). Oder auch mal einen souligen Choral im Titeltrack. „We love who we love“, heißt es kuschelig-erbaulich im Finale mit Ed Sheeran. Wichtige Akzeptanz-Message, die Sam Smith in die Welt trägt, aber krasse Sound-Experimente sollte nun niemand erwarten. Dafür ist das alles doch zu sehr auf maximale Reichweite programmiert, warum auch nicht?
Tuvaband: „New Orders“ (Passion Flames/Ingrooves/Diger AS)
Die norwegische Ex-Berlinerin Tuva Hellum Marschhäuser alias Tuvaband ist wahrlich eine Band für sich: Ganz im Solitär-Modus hat sie in Tempelhof, noch vor ihrem Rückzug nach Oslo, mit „New Orders“ ein schön verhuscht-verhalltes Album aufgenommen.
Der noirfolkige Sound, die Shoegaze-Anleihen und überhaupt die Stimmung der Platte erinnern an Heather Novas Meisterwerk „Storm“ von 2003. Ihren dezenten und dabei auf sonderbare Weise doch intensiven Gesang garniert Tuvaband mit Tupfern aus Harfe und Horn. Wie gemacht für vernebelte Nächte voller spätem Schnee.
The Arcs: „Electrophonic Chronic“ (Easy Eye Sound/Concord/Universal)
Dan Auerbach von den Black Keys ist ein Wahnsinnsproduzent, er hat es immer wieder bewiesen, zuletzt bei Aaron Frazers souliger Solo-Debütplatte „Introducing...“, aber auch schon 2014, als er Lana Del Reys Album „Ultraviolence“ produzierte, auf dem Del Rey noch viel rauer und gitarriger klang, als sie es inzwischen mit den leider immer nach demselben Rezept gebrauten Pianoballaden von Jack Antonoff tut. Wie dem auch sei: Dan Auerbach hat neben The Black Keys und seinen zahlreichen Produzententätigkeiten irgendwie noch Zeit für eine zweite Band, The Arcs.
Nach ihrem gefeierten Erstling von 2015 legen sie nun nach, mit ihrem psychedelisch verspielten, in die 70s verliebten Garagenrock, der Fans von MGMT und von Tame Impala gefallen dürfte. Traurig schön: Auch der 2018 verstorbene Percussionist segelt soundmäßig noch mit auf dem Klangkutter. Und Auerbach singt, bis es Aua macht und irgendwann auch wieder gut ist. Kurzum: tolle Platte!