Intendant hält nichts von moralisierenden Symbolen und holt Anna Netrebko
Der Intendant der Osterfestspiele sagte schon 2022, man könne die russische Sopranistin Anna Netrebko nicht ausgrenzen. 2024 tritt sie mit Jonas Kaufmann auf.

Der Intendant der Salzburger Osterfestspiele Nikolaus Bachler war von Anfang an einer der wenigen in der westeuropäischen Klassikwelt, der zu der russischen Sopranistin Anna Netrebko stand. Diese war nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs wegen ihrer vermeintlichen Nähe zu Putin an vielen westlichen Opernhäuser unerwünscht. Bachler jedoch plädierte bereits im vergangenen Jahr für mehr Gelassenheit. Netrebko könne man nicht ausgrenzen, sagte er der österreichischen Zeitung Standard. Trotzdem war Netrebko 2022 nicht in Salzburg. Nun hat er sie für die Osterfestspiele im nächsten Jahr engagiert und das Engagement verteidigt. Die Sängerin sei „die Idealbesetzung“, sagte Bachler. Er habe sich immer gegen eine Instrumentalisierung von Künstlern ausgesprochen und halte nichts von „moralisierenden Symbolen“. Netrebko und der deutsch-österreichische Tenor Jonas Kaufmann werden in Amilcare Ponchiellis Oper „La Gioconda“ die Hauptrollen singen.
Bei der Programmpräsentation in Salzburg war ansonsten nicht von Politik die Rede. Jonas Kaufmann sprach von der sträflichen Vernachlässigung des Eifersuchtsdramas um eine Straßensängerin außerhalb Italiens. Das liege daran, dass das Werk schwierig zu besetzen sei. „Man muss sozusagen den Klassenbesten jedes Fachs finden, der sich bereit erklärt, die jeweilige Partie zu übernehmen. Sonst macht das Ganze keinen Sinn“, sagte Kaufmann. Eine dieser Klassenbesten ist offenbar Anna Netrebko. Als Gastorchester wurde für 2024 die Accademia Nazionale di Santa Cecilia mit ihrem langjährigen Dirigenten Antonio Pappano engagiert. Netrebkos Stimme habe für die Titelrolle in den vergangenen vier Jahren die nötige Reife und Tiefe gewonnen, sagte Pappano.
Der diesjährige Auftritt der russischen Sopranistin bei den Wiesbadener Maifestspielen ist dagegen umstritten. Allerdings waren zu dem Festival ursprünglich auch ukrainische Künstler eingeladen, die inzwischen abgesagt haben, weil sie nicht im selben Rahmen wie Netrebko auftreten wollen. Die Sängerin steht auf einer Sanktionsliste der Ukraine.
Nach Salzburg kommt in der diesjährigen Saison vom 1. bis 10. April das Gewandhausorchester unter Andris Nelsons. Das Ensemble aus Leipzig spielt unter anderem Wagners „Tannhäuser“, mit Kaufmann in der Titelpartie. Nach mehreren Festivalsaisonen mit wechselnden Ensembles werden die Berliner Philharmoniker von 2026 an wieder als ständiges Orchester zu den Osterfestspielen zurückkehren. (mit dpa)