Der deutsche Oscar-Gewinner Hauschka: „Filmmusik muss sich auch mal zurücknehmen“
Volker Bertelmann alias Hauschka hat den Oscar gewonnen für seinen Score zu „Im Westen nichts Neues“. Wer ist der Typ? Und warum ist HipHop für ihn so wichtig?

„Vielleicht wird die beste Platte meines Lebens mal ein Soundtrack sein“, hat mir Volker Bertelmann alias Hauschka vor einer Weile gesagt. Für einen Soundtrack hat er nun in jedem Fall den Oscar gewonnen; für seinen Score zum deutschen Oscar-Abräumer „Im Westen nichts Neues“.
2017 war der Düsseldorfer Komponist und Klavierspieler, Jahrgang 1966, mit seiner Filmmusik für „Lion – Der lange Weg nach Hause“ bereits für den Oscar nominiert – unterlag damals aber dem Score von „La La Land“.
Bekannt wurde Hauschka (der mit der fast gleichnamigen Kosmetikmarke nicht verwandt und nicht verschwägert ist) zu Beginn des Jahrtausends als Teil der ersten Generation von Independent-Musikern, die Neoklassik (oder wie er lieber sagt: zeitgenössische Klaviermusik) spielten. Neben Leuten wie Max Richter und Jóhann Jóhannsson, Dustin O’Halloran und Sylvain Chauveau. Noch bevor das Genre mit Nils Frahm und Ólafur Arnalds auch kommerziell für Plattenfirmen interessanter wurde.
Musikalisch sozialisiert allerdings wurde Hauschka, der gerne auf krachige Konzerte geht und Panik hat vor allzu schmusigen Balladen, wie sein Neoklassik-Kollege Chilly Gonzales, im HipHop. Seinen ersten Achtungserfolg in den deutschen Charts hatte er mit dem Duo namens God’s Favorite Dog. „Love and Pain“ heißt der Track. Hauschkas Leitsterne sind unverkennbar Snoop Dogg, Grandmaster Flash und Cypress Hill. „Sobald ich Rap und HipHop-Beats höre, hält mich kaum was auf dem Stuhl“, sagt er.
Der Oscar-Gewinner Hauschka setzt auf Harmonium und Basstrommel
Man würde es vielleicht nicht erwarten, denn so richtig berühmt geworden ist Hauschka mit dem präpariertem Klavier, einer Erfindung, die auf John Cage zurückgeht: Mit Tischtennisbällen und anderem Schabernak verfremdet er den Klang der Klaviersaiten, was deren perkussiven Sound forciert. Das wiederum gut zum HipHop passt, denn Hauschka macht das Klavier somit auch zur Beatbox.
Als Produzent von Filmmusik ist sich Hauschka über seine Rolle als Dienstleister im Klaren: „Filmmusik ist funktional, unterstreicht bestimmte Szenen, muss sich aber auch manchmal zurücknehmen.“ Für im „Westen nichts Neues“ hat er eine große Basstrommel mit Metall verfremdet. Die Trommel wirbelt nicht triumphal zum Krieg, sondern sie schießt arhythmisch wie Gewehrfeuer.
Das eigentlich melodische Thema von „Im Westen nichts Neues“ besteht nur aus drei Tönen. Gespielt hat sie Hauschka auf einem kleinen, durch Gitarrenverzerrer gejagtem Harmonium, das einst seiner Urgroßmutter gehörte. Im Hause Bertelmann wusste man wohl: Der kleine Volker wird mal in die Tasten hauen. Um seinen Lebenstraum zu verwirklichen, hat er denn auch Medizin- und BWL-Studium abgebrochen. Es hat sich gelohnt. Gratulation zum Oscar!