Rassismus bei Grammys: Hatte Beyoncé beim „Album des Jahres“ eh keine Chance?
Seit mehr als 20 Jahren hat keine schwarze Musikerin den Preis für das beste Album bekommen. Medien in den USA und in Südamerika sprechen von Rassismus.

Bei der 65. Verleihung der Grammy Awards am Sonntagabend nahm Beyoncé vier Preise mit nach Hause und brach damit einen Rekord. Trotzdem wird vornehmlich in Medien in den USA und in Südamerika sowie auf Twitter diskutiert, ob es nicht mit Rassismus zu tun hat, dass die schwarze Sängerin für ihr Album „Renaissance“ nicht mit dem wichtigsten Grammy für das Album des Jahres ausgezeichnet wurde.
„Nicht einmal Beyoncés Rekord kann die rassistische Geschichte der Grammys verschleiern“, titelt etwa Veja, das wichtigste Nachrichtenmagazin Brasiliens. Und das US-Online-Magazin Slate schreibt: „Solange Beyoncé immer wieder den wichtigsten Preis verliert, fühlt sich das Gewinnen wie ein Fluch an.“
El problema de la academia es estructural, claramente permeado por la misogina y el racismo que viven las mujeres negras. Si, Beyoncé es la persona más premiada pero a punta de categorías negras! Ellos no consideran arte la música negra. https://t.co/szwMF1TY0k
— 𝓛𝓪 𝓐𝓫𝓮𝓳𝓪 𝓡𝓮𝓲𝓷𝓪🐝 (@Riicaardoo4) February 6, 2023
Die Akademie sei eindeutig von Frauenfeindlichkeit und Rassismus durchdrungen, ist der Tenor in den Twitter-Kommentaren, viele kommen aus Brasilien. „Sie betrachten schwarze Musik nicht als Kunst“, schreibt etwa ein User mit dem Namen La Abeja Reina. Die Los Angeles Times bemerkt, dass unter den 32 Grammys, die Beyoncé in den vergangenen zwei Jahrzehnten gewonnen hat, nur ein einziger wichtiger Preis gewesen sei, der für den Song des Jahres, den sie 2010 als Autorin von „Single Ladies (Put a Ring on It)“ gewann.
Alle anderen Preise wurden in Genre-Kategorien wie R&B-Song und Urban Contemporary Album vergeben. Viele empfinden diese offenbar als Trostpreise.
In 65 Jahren bekamen nur drei schwarze Frauen den Grammy für das Album des Jahres
Die Los Angeles Times und die New York Times verorten Beyoncés jüngste Niederlage in einem größeren historischen Kontext: In den 65 Jahren der Grammys haben nur drei schwarze Frauen – Natalie Cole, Whitney Houston und Lauryn Hill – das Album des Jahres gewonnen. Und Lauryn Hill wurde 1999 ausgezeichnet, also vor mehr als 20 Jahren.
„Das ist eine klare Verzerrung der Bedeutung schwarzer Frauen in der Popmusik“, schreibt die LA Times. Schwarze Männer stehen nicht viel besser da. Beyoncé sei ein Barometer dafür, wie schwarze Musiker bei den Grammys behandelt würden, schrieb die New York Times schon im Vorfeld der Verleihung. Die Tatsache, dass die Zuschauerzahl um 30 Prozent höher war als in den Vorjahren, hat sicher mit der mit Spannung erwarteten Behandlung von Beyoncé zu tun.
Rassismusvorwürfe gegen die Akademie gab es schon in vergangenen Jahren. Auch das intransparente Auswahlverfahrungen durch Vertreter der Musikindustrie wird kritisiert. Einige schwarze höchst erfolgreiche Künstler boykottieren die Grammys. Der kanadische Sänger The Weeknd zum Beispiel, genau wie Frank Ocean und Drake, der dieses Mal siegreich war, obwohl er keine seiner Arbeiten zur Nominierung vorgeschlagen hatte. Dabei ist das eigentlich notwendig, um berücksichtigt zu werden.