Stardirigent Sir Simon Rattle disst München – kriegen die nichts auf die Reihe?

Der Dirigenten-Weltstar zieht jobmäßig von Berlin nach München. Dort findet er miserable Zustände vor. Was wirft Simon Rattle der bayerischen Hauptstadt vor?

Von Berlin nach München, aber nun enttäuscht: Sir Simon Rattle.
Von Berlin nach München, aber nun enttäuscht: Sir Simon Rattle.picture alliance/dpa/PA Wire

Ständig wird Berlin als failed city, als gescheiterte Stadt, geschmäht: Flughafen, Silvester, Wahl – angeblich können wir hier gar nichts in der Hauptstadt. Besonders gerne teilen die Bayern aus; die uns am liebsten auch die 3,6 Milliarden streichen wollen würden, die per Länderfinanzausgleich 2023 vom Freistaat in die Stadt der Freiheit fließen.

In München ist noch heile Welt, da läuft alles super, ganz anders als in Berlin – so wird es von Bayern gerne suggeriert. Doch stimmt das eigentlich? Einer, der es wissen muss, ist Sir Simon Rattle. Der Weltstar-Dirigent zieht nach 16 Jahren bei den Berliner Philharmonikern im Herbst jobmäßig nach München, als zukünftiger Chefdirigent von Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks.

Und was sagt Sir Simon? Im Interview mit der Abendzeitung München teilt er kräftig aus: „Das Einzige, was mich in München wirklich überrascht, ist der außergewöhnliche Mangel an Erkenntnis von Notwendigkeit, zu echten Lösungen zu kommen. Das macht wirklich sprachlos.“ Hintergrund: Die Sanierung seines neuen Arbeitsplatzes, des Münchner Konzerthauses Gasteig, kommt nicht in die Gänge.

Wegen gestiegener Kosten hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Projekt erst mal auf Eis gelegt. „Die fehlende Dringlichkeit ist wirklich absolut besorgniserregend“, so Rattle im Interview. Unterdessen muss das Orchester in einem von Wasserschäden geplagten Provisorium spielen, in der Isarphilharmonie, die eigentlich der freundlichen „Konkurrenz“, den Münchner Philharmonikern, gehört.

Und es kommt noch härter: Der Mann, der den Umbau von Rattles Konzertsaal bremst, nahm sich bislang nicht mal die Zeit, mit dem frisch eingekauften Dirigenten zu sprechen. Hat Markus Söder Besseres zu tun? O-Ton Rattle: „Mir wurde nicht die Möglichkeit gegeben, mit ihm zu sprechen.“ Die Pläne, die er eigentlich mit seinem neuen Orchester habe, könne er ohne eigenen Raum so aber nicht verwirklichen. „Kein anderes Orchester der Spitzenkategorie dieser Welt hat solche Probleme“, so Rattle. Es scheint ja prächtig zu laufen in München.