Was beim Geheim-Gig von Depeche Mode schiefging – und warum das gut ist

Depeche Mode haben in München ein kleines Geheimkonzert gespielt, vor ihrer großen Tour, die sie im Juli auch nach Berlin führt. Glatt lief es nicht. Eigentlich umso besser.

Depeche Mode, hier im Oktober 2022 in Berlin: Martin Gore (l.) und Dave Gahan.
Depeche Mode, hier im Oktober 2022 in Berlin: Martin Gore (l.) und Dave Gahan.Emmanuele Contini

Sie wissen einfach, wie man einen Wirbel macht: Dave Gahan und Martin Gore von Depeche Mode. Schon im Oktober in Berlin ging das gut auf: Eigentlich hatten die Dark-Wave-Herren im Theater am Schiffbauerdamm „nur“ ein neues Album und eine neue Tour angekündigt – was in Fan-Kreisen eh schon als gesichert galt. Aber Depeche-Mode-Ultras (in Kennerkreisen auch als black swarm bekannt) haben ihre Lieblingsband halt ganz besonders lieb – und rasten aus, um ihren Weltstar-Idolen bei jeder sich bietenden Möglichkeit nahe zu kommen.

Die jüngste Chance: am Sonntagabend, 19. Februar 2023, in München. Die Stadt war eh schon in heller Aufregung und im Hochsicherheitsmodus, da gerade die Münchener Sicherheitskonferenz tagte, auf der Weltpolitik gemacht wird. Verglichen damit sind Depeche Mode vielleicht nicht ganz so wichtig – aber auf den Brettern, die Musik bedeuten, eben doch. Zumal Depeche Mode Begehrlichkeiten weckten: Nur 400 Fans durften live dabei sein in der holzgetäfelten Alten Kongresshalle. Viel weniger Angebot als Nachfrage also. Die Tickets konnte man nicht kaufen, nur gewinnen. Der Ort blieb bis zuletzt unter Verschluss. Wie bei einem Staatsgeheimnis hieß es: Fotos verboten.

Und was haben Depeche Mode gespielt? Entgegen vorherigen Gerüchten haben Dave Gahan und Martin Gore (nach dem Tod des Keyboarders Andy Fletcher 2022 sind sie „nur“ noch ein Duo) nicht bloß ein reduziertes Akustik-Set geliefert, sondern liefen in Viererbesetzung auf. So auch für ihre anstehende Memento Mori World Tour, die sie nach dem Release des heiß ersehnten Albums „Memento Mori“ (am 15. März) auch ins Berliner Olympiastadion führen wird, für zwei Auftritte am 07. und am 09. Juli.

Auf der Setlist in München standen fünf Songs: Los ging es um halb sechs am frühen Abend mit der frisch gepressten Single „Ghosts Again“ („Wasted feelings / Broken meanings / Time is fleeting / See what it brings“), gefolgt von zwei bislang noch unveröffentlichten Hits der kommenden Platte: „Wagging Tongue“ und „My Favourite Stranger“. Zudem spielten die Synth-Popper noch die beiden Klassiker „Precious“ (vom Album „Playing the Angel“ 2005) und „Personal Jesus“ (von der „Violator“-Platte 1989).

Die 400 Stühle hätte der Veranstalter sich wohl auch sparen können. Alle wollten im Stehen tanzen oder zumindest wippen. Keine Überraschung. Unerwartet hingegen: Bei beiden neuen Songs, „Wagging Tongue“ und „My Favourite Stranger“, brach Dave Gahan die Performance kurzerhand ab – um dann jeweils einen zweiten Versuch zu starten. Die Fans fanden das charmant. „Wir sind noch am Proben“, meinte Martin Gore entschuldigend.

Depeche Mode sind eben auch nur Menschen, wenn auch in stadiongroß. Und wer kürzlich schon lateinische Redewendungen gebüffelt hat, um „memento mori“ (zu Deutsch: „Bedenke, dass du sterben wirst“) zu verstehen, weiß auch: „errare humanum est“ – Irren ist menschlich. Wer live spielt, meint es ernst mit der Musik. Wir freuen uns auf Depeche Mode im Sommer, im Olympiastadion. Und verzeihen ihnen auch, dass sie für die Berlin-Shows noch mal schnell in München proben mussten.