Nach Rassismus-Debatte: Sophie Passmanns Twitter ist offline

Nach einem umstrittenen Interview mit Sophie Passmann kam es zu einem Shitstorm, in dem ihr Rassismus vorgeworfen wurde. Jetzt ist ihr Twitter-Account offline.

Sophie Passmann, Autorin und neuerdings auch Schauspielerin
Sophie Passmann, Autorin und neuerdings auch SchauspielerinBerliner Zeitung/Markus Wächter

Sophie Passmanns Twitter-Account ist seit heute offline. Wer versucht, das 200.000 Follower starke Profil aufzurufen, bekommt momentan lediglich eine Fehlermeldung à la „Dieser Account existiert nicht“ zugespielt. Passmanns Aussagen in einem Interview mit der Schweizer Zeitschrift Annabelle hatten zuletzt zu massiven Irritationen geführt und eine Social-Media-Diskussion über Rassismus seitens weißer Feministinnen wie Passmann selbst ausgelöst.

Passmann hatte in dem Interview auf eine Frage zu Internet-Dynamiken folgende Behauptung aufgestellt: „Wenn Redaktionen im Namen des Antirassismus eine Schwarze Frau zum vermeintlichen Sprachrohr von rassistischen Erfahrungen in Deutschland machen, führt das dazu, dass wieder nur ein Standard reproduziert wird: Wer spricht am lautesten, am funkiesten in ein Interview-Mikrofon hinein? Ohne dabei irgendetwas gegen Rassismus getan zu haben.“ Sie habe sich deswegen „vor zwei Jahren aus dem Politik-Scheiss komplett rausgezogen“, so Passmann. Es bringe einfach nichts.

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Die Sängerin und Aktivistin Achan Malonda kritisierte den entsprechend Passus kurz nach Veröffentlichung des Gesprächs auf Twitter wie folgt: „White woman of the day: Sophie Passmann. Mit Begriffen von Schwarzen Aktivist*innen Geld und Fame einheimsen und dann gegen Schwarze Aktivist*innen wettern. Funky, aber hat trotzdem keinen Soul!“ Zahlreiche Personen schlossen sich dieser Kritik an. Passmann veröffentlichte knapp zwei Tage später eine Entschuldigung – in Form mehrerer Kommentare unter einem Post über das Interview auf ihrem Instagram-Profil.

Eine angeblich missverständliche Aussage

Sie habe die Kritik, die Daseinsberechtigung Schwarzer Medienschaffender mit ihren Aussagen geschmälert oder negiert zu haben, anfangs nicht verstanden, schrieb Passmann. „Mir tut es sehr leid, dass diese Passage missverständlich war, das war nämlich mein Fehler.“ Dieser Fehler wiederum sei dadurch entstanden, dass sie das Interview nicht gründlich freigegeben habe. Sie kritisiere den Medienbetrieb für die nach patriarchalen Strukturen funktionierenden Regeln, „der einzelne Sprecher*innen verschiedener Gruppen zu Tokens macht und sich damit von echter Arbeit reinwäscht“. Das habe sie eigentlich gemeint. Es sei letztlich nicht ihre Absicht gewesen, Leute zu verletzen.

Gleichzeitig, so ließ Passmann in einem weiterem Kommentar wissen, sei es entlarvend, wenn eine „Hetzjagd unter Feministinnen“ auf sie gestartet werde. In der Kritik an ihr sei „eine ganze Menge an Missgunst und Hass zu meiner Person“ im Spiel gewesen. Dies finde sie „einfach albern und überflüssig“. Zahlreiche Personen wie etwa der Autor Daniel Schreiber oder der Journalist Stephan Anpalagan lobten Passmann für ihre Entschuldigung – Schreiber nannte sie „ehrlich und selbstreflektiert“, Anpalagan sagte, er würde sich wünschen, „dass Menschen öfter verstehen, was das Problem ist, warum sie Menschen verletzt haben“.

Eine rassistische Nonpology?

Andere wiederum betrachteten die Entschuldigung als „Nonpology“, sprich als nicht hinreichend. Achan Malonda kommentierte auf Instagram, Passmann klammere auch in der Entschuldigung aus, dass Misogynie, „die uns strukturell alle betrifft“, sich verstärke, „wenn Menschen darüber hinaus z. B. rassifiziert, von Ableismus oder Transfeindlichkeit betroffen sind“. Sie reproduziere letztlich Diskriminierung. Und die Autorin Jasmina Kuhnke kommentierte, Passmann habe durch und durch Rassismen reproduziert und sich rassistisch verhalten – „was du auch klar so benennen solltest“.

Passmann wurde in den letzten Jahren öfter vorgeworfen, feministische Trends aufzugreifen, ohne deren strukturelle Verbindung mit antirassistischen Kämpfen explizit zu machen. Passmann publiziert unter anderem für Die Zeit und Der Spiegel, erhielt 2021 einen Grimme-Preis und ist seit diesem Monat auch als Schauspielerin in der Dramedy-Serie „Damaged Goods“ zu sehen. Bereits in ihrem Interview mit Annabelle ließ die Autorin wissen, dass sie sich „aus psychohygienischen Gründen“ aus Twitter zurückgezogen habe. Die „Irrelevanz“ des Mediums im deutschsprachigen Kontext habe sie zunehmend aufgeregt. Ob ihr Profil langfristig offline bleibt, ist bislang nicht bekannt.